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Die Heimath des Edlen war also das Land gegen Aufgang der Sonne. Denn auch er war wie Job von edler Abkunft vom Aufgang der Sonne, und indem er das Vaterland mit im theilte, vernachlässigte er es nicht, sein Leben nachzuahmen. Jetzt aber ist er ein Weltbürger und ein dem ganzen Erdkreise gemeinsamer Martyrer. Und indem er dort unter die Bewaffneten eingereiht wurde, kam er so mit seiner Abtheilung in unsere Gegend, weil daselbst den Soldaten von den Befehlshabern die Winterruhe angewiesen war.
Da aber plötzlich ein Krieg ausbrach, nicht durch einen Angriff der Barbaren, sondern durch ein Gesetz des Satans und einen gottesfeindlichen Beschluß, ― denn jeder Christ wurde durch das gottlose Dekret verfolgt und dem Tode überantwortet, ― da nun zeigte sich dieser Hochselige, der S. 496 sich durch seine Frömmigkeit auszeichnete und den Glauben an Christus überall herumtrug und das Bekenntniß fast auf der Stirne geschrieben hatte, nicht mehr als einen Neuling in der Tapferkeit noch als unerfahren in Krieg und Kampf. Vielmehr leistet er hochherzig den Gefahren kräftigen Widerstand, ohne zu wanken, ohne zu zagen, ohne hinter einer weniger freimüthigen Rede sich zu verstecken. Denn als jener gottlose Gerichtshof zusammengetreten war, und der Feldherr und der Taxiarch wie Herodes und Pilatus sich vereinigt hatten, saßen sie über den Diener des Gekreuzigten, wie diese über den Herrn, zu Gericht. Sage, hieß es, mit welcher Vermessenheit und Keckheit setzest du dich über das kaiserliche Gesetz hinweg, fügst dich nicht mit Zittern den Befehlen des Gebieters, und betest nicht an nach dem Willen der Machthaber? Es hatte nämlich damals Maximian mit seinen Regierungsgenossen1 die Herrschaft. Er aber gab mit bewegungsloser Miene und furchtlosem Herzen auf diese Worte die treffende Antwort: Ich kenne keine Götter. Denn es gibt auch solche in Wahrheit nicht. Ihr aber seid in Irrthum, indem ihr trügerische Dämonen mit dem Namen Gottes ehret. Mein Gott aber ist Christus, der eingeborne Sohn Gottes. Wegen seiner frommen Verehrung und seines Bekenntnisses möge man mich verwunden und zerschneiden, geißeln und zerschlagen, mir das Feuer nahe bringen und mich brennen, und wen diese meine Worte verletzen, der möge mir die Zunge ausreissen. Denn an jedem Gliede zu leiden, ist der Körper dem Schöpfer schuldig. Es wurden die Tyrannen von den Worten besiegt und hielten dem ersten Angriff des Helden nicht Stand, indem sie einen Jüngling sahen, der im Leiden frohlockte und wie einen süßen Trank den Tod einschlürfte. Da aber S. 497 Jene aus Verlegenheit etwas innehielten und berathschlagten, was zu thun sei, sagte einer der Offiziere, der witzig sein wollte, zugleich die Antwort des Martyrers bespöttelnd: Hat dein Gott, o Theodor, einen Sohn, und zeugt er mit Leidenschaft wie ein Mensch? Leidenschaftlich, erwiderte er, hat mein Gott nicht gezeugt, aber ich bekenne einen Sohn und rede von einer gotteswürdigen Zeugung. Du aber, wie unmündig in deiner Urtheilskraft und wie bedauernswerth! erröthest nicht und verhüllst dein Gesicht nicht, da du eine weibliche Gottheit bekennst und die nämliche als Mutter von zwölf Kindern anbetest,2 eine fruchtbare Göttin, welche wie die Hasen oder Schweine leicht befruchtet wird und zur Welt bringt?
Nachdem so der Heilige dem Götzendiener den Spott doppelt zurückgegeben hatte, gaben sich die Tyrannen den Schein der Humanität. Es soll, heißt es, dem Rasenden eine kurze Zeit zur Überlegung gewährt werden; vielleicht besinnt er sich bei ruhiger Überlegung eines Besseren. Denn Raserei nannten die Wahnsinnigen den gesunden Verstand, Verrücktheit und Tollheit die Besonnenheit, geradeso wie wenn die Betrunkenen den Nüchternen ihren eigenen Zustand vorwerfen. Aber der fromme Streiter Christi verwendet die gegönnte Muße zu einer männlichen That. Und zu welcher? Ihr sollt die Erzählung freudig vernehmen.
