Anhang: Die Werke Ephraem's.
S. 57 Wie alle Kirchenschriftsteller der ersten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung, so hat auch Ephraem einen reichen Schatz von Schriften als Zeugniss seines rastlosen Eifers und Wirkens für die Förderung des christlichen Glaubens der Nachwelt hinterlassen. Die zahlreichen Veranlassungen, die ein so eifriger Diener Christi, wie Ephraem, in den Stürmen einer durch religiöse Parteiungen vielfach aufgeregten Zeit fand, der unterdrückten Wahrheit durch Wort und Schrift ihr Recht zu verschaffen und die Feinde der Wahrheit durch die Kraft seiner Rede niederzuschmettern, bewirkten vorzüglich jene Fülle von Schriften. So lassen denn auch die Schriften einen doppelten Zweck erkennen: einmal, die Verführten und Verirrten über die Wahrheit zu belehren und sie dadurch zu ihr zurückführen, (diesen Zweck scheinen hauptsächlich die Commentare zu verfolgen, und schon aus diesem Zwecke können wir entnehmen, hätten wir selbst keine Zeugnisse, dass Ephraem auch Commentare über das Ν. T. geschrieben; denn gerade um Lehren des Ν. T. bewegten sich alle dogmatischen Streitigkeiten; diese also vorzüglich mussten klar nach der Auffassung der orthodoxen Partei hingestellt werden; einem Bekehrer der Verirrten wenigstens musste Alles daran gelegen sein); dann aber die Verführer zu bekämpfen und zu vernichten, einen Zweck, den die Hymnen „wider die falschen Lehren“ ja schon in ihrem Titel aussprechen.
S. 58 Leider sind uns, so viele Schriften wir von Ephraem noch besitzen, dennoch bei weitem nicht mehr alle erhalten. Schweigen wir von der grossen Zahl von Hymnen, die wir vielfach erwähnt finden, von denen aber nur ein verhältnissmässig kleiner Theil bekannt ist, nennen wir hier nur seine Commentare über das Ν. T., die jedenfalls ein bedeutendes Werk für die syrische Kirche gewesen und deren Verlust für uns ebenso schmerzlich zu beklagen ist.
Aber noch härter ist das Geschick gewesen! Nur etwa die Hälfte der hinterlassenen Werke sind uns noch in der Ursprache aufbewahrt, die andere Hälfte ist nur in griechischer Uebersetzung vorhanden. Zu dieser letzteren Hälfte gehören meist die ascetischen Schriften: Reden über den Wandel des Christen, über die Tugenden, die er üben, über die Untugenden, die er fliehen müsse, Ermahnungen, Gebete u. s. w.
Doch wir wenden uns zu den in ihrer reinen Urgestalt noch vorhandenen Schriften, den syrischen.
Diese zerfallen ihrer Form nach von selbst in zwei Theile, in die prosaischen und poetischen Schriften. Den ersteren Theil bilden die Commentare (Phuschoke) über das Α. T., von denen Commentare über folgende Bücher erhalten sind: Ueber 1) den Pentateuch, 2) Josua, 3) Richter, 4) Bücher der Könige,1 5)Hiob;
ferner über die Propheten: Jesaias, Jeremias (Threni Jeremiae), Ezechiel, Daniel, Hosea, S. 59 Joel, Amos, Abdia, Micha, Zacharias, Malachia.
Den zweiten oder poetischen Theil bilden die Hymnen (Mimre, Madrosche, Kole, Zelavotho).
1) Wir nennen hier zunächst die exegetischen Hymnen oder Sermonen,2 die ihrem Inhalte nach zu den Commentaren gehören, der Form nach aber zu dem poetischen Theile der Werke zu rechnen sind. 2) Ueber die Geburt des Herrn (XHI), 3) Ueber die Verstorbenen (LXXXV), 4) Ueber den freien Willen des Menschen (IV), 5) Gegen die falschen Lehren (LVI), 6) Gegen die Scrutatoren (die Rationalisten, die sich bei dem Glauben nicht beruhigen) oder über den Glauben:3 1) LXXXVII Hymnen, 2) III Hymnen. 7) Gegen die Juden (I), 8) Ermahnungen zur Busse (LXXVI), S. 60 9) Hymnen verschiedenen Inhaltes (ascetischer Richtung, XVIII), endlich: 10) Die schon früher besprochene Schrift: Das Testament des h. Ephraem.
Der Inhalt aller der genannten Schriften ist so ausserordentlich bedeutend, dass alle Zweige der Theologie reichlich darin vertreten sind; für alle findet sich Stoff zur Ausbeute in Fülle.
Hat nun die orientalische Philologie die Aufgabe, die Werke so hinzustellen und so weit zugänglich zu machen, dass der Inhalt klar vorliegt, so bleibt es doch Sache der Theologie, den Schatz, der darinnen ist, zu heben. Beider Aufgabe ist nicht gering, aber sie zu erfüllen ist lohnend!
Indem nämlich die beiden Bücher der Chronika, als Bücher, welche die Geschichte der Könige des Reiches Juda enthalten, 3. und 4. Buch der Könige genannt werden. ↩
Diese Hymnen oder Sermonen sind in ihrer jetzigen Gestalt ohne Zweifel Fragmente eines grösseren exegetischen Werkes in poetischer Form. Wir finden hier nur noch einige Hymnen, die einzelnen Stellen aus der Genesis, ferner aus den Sprüchw. Salom., dem Pred. Salom., den 2 Psalmen und Einiges aus dem Propheten Jona interpretiren. Der Titel: „Exegetische Sermonen über auserwählte Stellen der heiligen Schrift,„ spricht durchaus nicht gegen die Behauptung, dass die vorhandenen Hymnen nur ein Fragment seien, indem man einwendet: „der Titel sage ausdrücklich über ausgewählte Stellen; wir haben ja Hymnen über solche Stellen;“ die Ueberschrift ist nicht von Ephraem, sondern von einem der Sammler und Recensenten der Hymnen. ↩
Die Hymnen sind gegen die Arianer und Eunomianer gerichtet, die mit menschlichem Verstände das Wort und Wesen Gottes zu ergründen strebten. ↩
