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1. Leute, die darin geschickt sind, lächerliche oder vielmehr zu verlachende Stimmungen nachzuahmen, müssen wir aus unserem Staat ausweisen.1 Denn da alle Reden ihren Ausgangspunkt im Denken und in der Sinnesart haben, so ist es nicht möglich, irgendwelche lächerlichen Reden von sich zu geben, die nicht von einer lächerlichen Sinnesart ausgingen.2 Denn das Wort „es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, und keinen schlechten Baum, der gute Früchte bringt“,3 paßt wohl auch hier; Frucht der Gesinnung ist die Rede.
2. Wenn wir demnach die Possenreißer aus unserem S. a56 Staat verbannen müssen,4 so ist es noch viel weniger möglich, daß wir uns selbst gestatten, lächerliche Possen zu treiben. Denn es ist widersinnig, sich als Nachahmer dessen erfinden zu lassen, dessen Zuhörer zu werden uns verwehrt ist. Aber noch viel unsinniger ist es, sich selbst mit Ernst zu bemühen, lächerlich zu werden, das heißt verhöhnt und verspottet.5
3. Denn wenn wir es wohl nicht über uns gewännen, uns lächerlich zu verkleiden, wie sich manche bei den festlichen Umzügen sehen lassen,6 wie könnten wir es wohl billigerweise ertragen, wenn unser innerer Mensch in ein lächerliches Wesen umgewandelt würde?
4. Und wenn wir unser Gesicht wohl nie freiwillig ins Lächerliche verkehren würden, wie könnten wir es wohl erstreben, in unseren Reden lächerlich zu sein und zu scheinen, indem wir das Wertvollste von allem, was Menschen besitzen, die Rede, zum Gespötte machen? Es ist also ein Hohn, sich mit so etwas abzugeben, da ja nicht einmal die Erzählung von Possen es verdient, angehört zu werden, weil sie schon allein durch die Worte an schimpfliche Taten gewöhnt; und man darf zwar Scherze machen, aber nicht Possen reißen.
