77.
1. Jetzt müssen wir davon sprechen, wie wir darnach, eingedenk der Forderungen der Sittsamkeit, zum Schlafen gehen sollen. Wenn wir nach der Mahlzeit Gott dafür gedankt haben, daß er uns seine Gaben hat genießen und den Tag glücklich hat vollenden lassen, müssen wir unsere vernünftige Überlegung der Art des Schlafens zuwenden, indem wir auf kostbare Bettpolster, die goldgestickten Decken und die mit Gold durchwebten S. a86 glatten Teppiche und lange purpurne Gewänder und die kostbaren Pelze und die schimmernden Kissen, von denen der Dichter spricht, und die darüber gebreiteten Wolldecken1 und die Lager, die noch „sanfter als der Schlaf“2 sind, verzichten.
2. Denn abgesehen von der tadelnswerten Weichlichkeit ist das Schlafen auf den weichen mit Flaumfedern gefüllten Kissen auch schädlich, wenn der Körper wegen der Weichheit des Lagers gleichsam in eine unermeßliche Tiefe hinabsinkt; denn ein solches Lager bietet denen, die darauf liegen, keinen Halt, wenn sie sich umdrehen wollen, weil sich das Bett zu beiden Seiten des Körpers wie ein Berg auftürmt; auch läßt es die genossenen Speisen nicht verdauen,3 sondern eher verbrennen; das bedeutet aber die Nahrung verderben.
3. Wer sich dagegen auf einem ebenen Lager hin- und herwerfen kann und so eine Art natürlicher Körperbewegung beim Schlaf hat, verdaut die Nahrung leichter und macht sich tauglicher für die verschiedenen Umstände des Lebens. Wenn vollends die Betten silberne Füße haben, so verrät das viel Hoffart; und das an den Betten angebrachte „Elfenbein von einem Körper, der vom Leben getrennt ist“, ist eine für heilige Menschen „nicht ohne Befleckung zu verwendende“,4 abgeschmackte Künstelei, die der Ruhe dienen soll.
Vgl. Hom. Il. 24, 644-646; Od. 4, 297-299; 7, 336-338. ↩
Vgl. Theokrit 5, 51; 15, 125; Verg. Ecl. 7, 45. ↩
Es ist οὐδὲ ἐπιτρέπει πέττεσθαι zu lesen. ↩
Platon, Gesetze XII p.956A; vgl. Strom. V 76, 3. Clemens läßt das zu εὐαγές (unbefleckt) gehörende Substantiv ἀνάθημα (Weihgeschenk) weg, um den Satzteil in seinem Zusammenhang verwenden zu können. ↩
