35.
1. Der Reichtum scheint mir daher einer Schlange zu gleichen: Wenn man es bei dieser nicht versteht, wie man sie ohne Gefahr anfassen kann, indem man nämlich das Tier, ohne gefährdet zu werden, von fern am Ende des Schwanzes packt und herabhangen läßt, so wird sie sich um die Hand herumwinden und beißen. Aber auch bei dem Reichtum besteht die Gefahr, daß er sich, je nachdem man ihn geschickt oder ungeschickt anfaßt, um den Besitzer herumschlingt, ihn fest umklammert und ihn beißt, es müßte denn sein, daß jemand innerlich über ihn erhaben und von ihm unabhängig bleibt und ihn in verständiger Weise verwendet, damit er zusammen mit dem Zauberlied des Logos das Tier überwältige und selbst unverletzt bleibe.1
2. Aber man denkt, wie es scheint, nicht daran, daß nur der reich ist, der das Wertvollere besitzt. Wertvoll ist aber nicht Edelstein, nicht Silber, nicht Kleidung, nicht Schönheit des Körpers, sondern die Tugend, das ist der Logos, der durch den Erzieher überliefert wird, daß man nach ihm handle.
S. a168 3. Dieser ist der Logos, der die Üppigkeit entschieden von sich weist, den Willen, selbst die Arbeit zu tun, als Gehilfen herbeiruft, und die Einfachheit preist, die eine Tochter der Sittsamkeit ist.2 „Nehmt Unterweisung an“, sagt er, „und nicht Silber, und Erkenntnis lieber als Gold, das als echt erprobt ist! Denn Weisheit ist besser als kostbare Edelsteine, und alles, was wertvoll ist, wiegt sie nicht auf.“ Und wieder: „Mich zu gewinnen, ist mehr wert als Gold und Edelstein und Silber; denn mein Ertrag ist kostbarer als auserlesenes Silber.“3
4. Wenn man aber auch einen Unterschied machen soll, so mag als reich der gelten, der viel besitzt, der mit Gold vollgestopft ist wie ein schmutziger Sack; wohlanständig aber ist der Gerechte, weil der gute Anstand ein Verhalten ist, das nach dem richtigen Benehmen bei den Ausgaben und den Geschenken bemessen ist.
5. „Denn es gibt solche, die (reichlich) säen und noch mehr ernten,“4 von denen geschrieben steht: „Reichlich teilte er aus, er gab den Armen, seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.“5 Demnach ist nicht, wer besitzt und seinen Besitz wahrt, sondern wer davon austeilt, reich, und das Mitteilen, nicht das Besitzen, zeigt, wer glücklich6 ist.
