3.
1. Heilung der Leidenschaften ist die Folge davon, daß der Erzieher durch die ermutigenden Beispiele die Seelen kräftigt und mit liebevollen Ratschlägen wie mit S. 206 „lindernden Heilmitteln“ 1 die Kranken zu einem anderen Leben, zu der völligen Erkenntnis der Wahrheit, führt. Gesundheit und Erkenntnis sind aber nicht gleichbedeutend, vielmehr entsteht die eine durch Unterweisung, die andere durch Heilung.
2. Ein Kranker kann also nicht früher etwas von den Lehrstoffen gründlich erlernen, bevor er nicht völlig genesen ist. Es wird auch nicht immer jede Lehre in der gleichen Weise den Lernenden und den Kranken vorgetragen, sondern bei den einen zum Zweck der Erkenntnis, bei den andern zum Zweck der Heilung.
3. Wie also die körperlich Kranken einen Arzt brauchen, so haben die seelisch Leidenden einen Erzieher nötig, damit er unsere Leidenschaften heile und uns dann in die Schule des Lehrers führe, indem er die Seele reinigt und für die Erkenntnis empfänglich macht, so daß sie die Offenbarung des Logos in sich aufnehmen kann. Da er aber bestrebt ist, uns in heilsamem, stufenweisem Fortschreiten zur Vollkommenheit zu führen, verwendet der in jeder Hinsicht liebreiche Logos die vortreffliche und für eine wirksame Ausbildung zweckmäßige Erziehungsweise, indem er zuerst ermahnt, dann erzieht und zuletzt lehrt.
Vgl. Hom. Il. 4, 218. ↩
