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Auch hat er unsere Schwachheiten auf sich genommen, unsere Krankheiten getragen und ist für uns verwundet worden, damit wir durch seine Striemen geheilt würden; auch hat er uns von dem Fluche erlöst, indem er für uns zum Fluche, wurde, und den schmachvollsten Tod erduldet, um uns zu dem herrlichen Leben zurückzuführen. Und es genügte ihm nicht allein, uns, die wir todt waren, wieder zum Leben zu erwecken, sondern er verlieh uns auch die Würde seiner Gottheit und bereitete uns die ewige Ruhe, welche an Größe der Freude alle menschlichen Gedanken S. 59 übersteigt. Was nun wollen wir dem Herrn vergelten für Alles, was er uns gethan hat? Er ist sogar so gütig, daß er nicht einmal eine Vergeltung fordert, sondern er ist zufrieden, wenn er für Das, was er gegeben hat, nur geliebt wird. Wenn ich alles Dieses überdenke, so gerathe ich — um mein Gefühl auszusprechen — in Schrecken und furchtbare Unruhe, ich möchte einmal aus Unachtsamkeit oder durch die Beschäftigung mit eiteln Dingen die Liebe Gottes verlieren und Christo zur Schmach werden. Denn Derjenige, welcher uns jetzt verführt und alle List aufbietet, uns durch die weltlichen Lockungen zu bewegen, unsers Wohlthäters zu vergessen, zum Verderben unserer Seele auf uns losstürmt und uns angreift, wird einst unsere Verachtung als eine Schmach für den Herrn darstellen und sich unsers Ungehorsams und Abfalls rühmen; er, der uns weder geschaffen hat noch für uns gestorben ist, aber uns dennoch zu seinen Genossen im Ungehorsame und in der Vernachlässigung der Gebote Gottes gehabt hat. Diese Schmach gegen den Herrn und dieses Rühmen des Feindes scheint mir härter zu sein als selbst die Höllenstrafen, weil wir dem Feinde Christi Veranlassung geben, sich zu brüsten, und eine Handhabe, sich gegen Den zu erheben, der für uns gestorben ist, und dem wir auch deßhalb größeren Dank schuldig sind, wie geschrieben steht. Doch soviel von der Liebe Gottes. Denn wie ich sagte, war es meine Absicht nicht, Alles zu erwähnen. Das ist ohnehin unmöglich, sondern ich wollte nur die Hauptsachen kurz erwähnen, um dadurch eueren Seelen ein stetes Verlangen nach Gott einzuflößen.
