2.
Traue also nicht blindlings dem so wundervollen Glanze der Sonne ― sie ist das Auge der Welt, die Freude des Tages, des Himmels Schönheit, der Natur Anmut, der Juwel der Schöpfung1 ―, sondern denk, so oft du sie schaust, an ihren Meister! Preise, so oft du sie bewunderst, ihren Schöpfer! Wenn schon die Sonne, die Sein und Schicksal der Schöpfung teilt, so lieblich S. 133 strahlt, wie gut muß jene „Sonne der Gerechtigkeit“2 sein! Wenn jene solche Schnelligkeit besitzt, daß sie auf ihrem gewaltigen Lauf bei Tag und Nacht alles bescheint, wie groß muß der sein, der immer und überall ist und mit seiner Majestät alles erfüllt! Wenn jene wunderbar ist, die auf Geheiß hervortritt, wie über die Maßen wunderbar der, welcher, wie zu lesen steht, „der Sonne gebeut, und sie geht nicht auf!“3 Wenn jene groß ist, die im Wechsel der Stunden täglich über die Lande her- und wegzieht, wie muß jener sein, der auch noch in seiner Entäußerung, da wir ihn sichtbar schauen konnten4, „das wahre Licht war, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt!“5 Wenn jene unvergleichlich vorzüglich ist, die so oft, wenn sie die Erde gegenüber hat, verblaßt, wie groß muß die Majestät dessen sein, der da spricht: „Noch bin ich einmal da und will erschüttern die Erde!“6 Die Erde macht jene schwinden, des Herrn Erschütterung könnte sie nicht bestehen, würde sie nicht kraft seines Willens gestützt werden. Wenn es für den Blinden ein Unglück ist, daß er das holde Licht dieser Sonne nicht schaut, welches Unglück für den Sünder, wenn er der Wohltat des „wahren Lichtes“ beraubt, die Finsternis ewiger Nacht erleiden muß!
So antwortet auch der Philosoph Sekundus auf die Frage Hadrians, was die Sonne sei: „Das Auge der Welt . . ., die Zierde des Tages, des Himmels Schönheit, der Natur Anmut . . .“. Cf. Mullach., Fragm. phil. graec. I 518 (cf. ibid. 513. 516). ↩
Mal. 4, 2. ↩
Job 9, 7. ↩
Phil. 2, 7. ↩
Joh. 1, 9. ↩
Agg. 2, 6 (Vulg. 7) [= Proph. Haggai]. ↩
