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S. 155 1 „Es schuf also Gott diese beiden großen Leuchten“2: ‚groß‘ ― so können wir es verstehen ― nicht sowohl im Vergleich zu den anderen Dingen, als vielmehr in ihrer Ausstattung selbst. So ist der Himmel groß, das Meer groß. Ja groß ist auch die Sonne, die mit ihrer Wärme den Erdkreis, bezw. der Mond, der mit seinem Lichte nicht bloß die Erde, sondern auch die Luft und das Meer und den sichtbaren Himmel erfüllt. Wo immer sie am Himmel stehen, leuchten sie allen Wesen und werden allen gleicherweise sichtbar. So meint jedes Volk, sie weilten nur in ihrem Bereiche und seien da und leuchten nur für sie, während sie gleicherweise allen übrigen leuchten. Niemand darf glauben, es stünde jemand anderer denselben näher als er selbst. Beispielsweise spricht augenscheinlich für ihre Größe, daß die Mondscheibe allen gleich erscheint; denn wenn auch ihr Licht zeitweise zu- oder abnimmt, so erscheint sie doch in der gleichen Nacht allen genau so wie mir. Käme sie nämlich Fernstehenden kleiner, Näherstehenden größer vor, würde sie damit ein Anzeichen beschränkten und geringen Umfanges geben. Alles andere dünkt uns ja aus der Ferne kleiner; beim Besehen aus größerer Nähe halten wir’s schon für größer; und je mehr man in die nächste Nähe kommt, um so mehr wächst einem der Gegenstand, den man sieht, an Umfang. Der Sonne Strahl hingegen ist keinem näher, keinem ferner. Ähnlich ist auch der Mond für alle gleich groß. Die gleiche Sonne wird im nämlichen Augenblick, da sie aufgeht, den Indern und Britannen S. 156 sichtbar; und da sie im Westen hinabsinkt, erscheint sie dem Morgenländer nicht kleiner als dem Abendländer; und da sie aufgeht, dünkt sie dem Abendländer nicht geringer als dem Morgenländer. „Wie weit doch, heißt es, liegt der Aufgang vom Niedergange!“3 Weitab liegen beide voneinander, doch die Sonne liegt keinem weitab, liegt keinem näher, keinem ferner.
