Text
Dem geliebtesten Sohne, dem Priester Hieronymus, (entbietet) Innocentius (seinen Gruß).
Daß ein Streit in der Kirche niemals etwas Gutes gestiftet habe, bezeugt der Apostel und befiehlt daher, daß man Häretiker zunächst vielmehr zurechtweisen, als sich in eine langwierige Unterhandlung mit ihnen einladen solle.1 Wird diese Vorschrift aus Nachlässigkeit nicht beobachtet, wird das Übel, das verhütet werden soll, nicht vermieden sondern vergrößert. Da jedoch dein Schmerz und Klage unser Herz so sehr erschüttert, daß wir auf Abhandlungen und Rathschläge keine Rücksicht nehmen, S. 178 belobe ich vor Allem die Treue deiner Standhaftigkeit. Um der Wahrheit willen wird ein Jeder von Unbilden oder, wie du sagst, von Gefahren heimgesucht werden, weil er die (ewige) Seligkeit erwartet; das habt ihr selbst häufig erklärt und ermahnen wir dich, deiner eigenen Predigten zu gedenken. Deßhalb beeilten wir uns, durch den Anblick so großer Übel aufgeschreckt, das Ansehen des apostolischen Stuhles zur Unterdrückung eines solchen Frevels aufzubieten, doch fanden wir Niemand mit Namen bezeichnet oder eines Verbrechens überwiesen, gegen den wir auftreten könnten. Was wir also thun können, (thun wir und) bezeugen unsere Theilnahme. Wenn du aber gegen Einige eine offene und bestimmte Klage vorbringst, so werde ich entweder geeignete Richter aufstellen oder, wenn uns eine eindringlichere und schnellere Maßregel zu Gebote steht, nicht zögern, theuerster Sohn ! Doch schrieb ich meinem Bruder, dem Bischofe Johannes, daß er umsichtiger vorgehe, damit in der ihm anvertrauten Kirche nicht wieder Etwas vorfalle, was zu verhüten oder zu verhindern, damit es nicht geschehen konnte oder nicht geschehe, auch ihm selbst hernach allzu beschwerlich wäre.
Innocentius hat wohl die Worte des Apostels bei Tit. 3, 9 u. 10 vor Augen. ↩
