Text.
Innocentius (sendet) dem Laurentius, Bischofe von Senia (seinen Gruß).
Lange verwunderten wir uns, nachdem wir das Schreiben deiner Liebe gelesen, daß die dem Gifte des Photinus anhängenden Häretiker in dem Gebiete deiner Liebe nicht nur sind, sondern auch öffentlich auf einigen Besitzungen Zufammenkünfte veranstalten, da sie es vorzogen, auf der ganzen Erde nirgends so zahlreich sich aufzuhalten, als bei euch. Der Urheber ihrer verabscheuungswerthen Lehre, Marcus,1 welcher längst aus der Stadt2 vertrieben ist, gieng in seiner Vermessenheit so weit . daß er sich unter ihnen den ersten Platz anmaßt. Damit sie aber ferner keine Gelegenheit zu Umtrieben haben und die Seelen der Einfältigen und Ungebildeten mit sich in die Hölle, welche ihr Antheil ist, ziehen, wurde von den Vertheidigern3 unserer Kirche ihre Vertreibung veranstaltet, damit die, welche leugnen, daß Christus als Gott aus dem Wesen des Vaters von Ewigkeit her gezeugt wurde, mit den Juden, welche seine Gottheit leugneten und noch immer leugnen, das gleiche S. 190 Loos der Verdammung erhalten. An dir, theuerster Bruder, liegt es, das Vorgeschriebene nicht zu nachlässig zu betreiben, damit du nicht die Dir anvertraute Gemeinde durch Saumseligkeit zu Grunde gehen lassest und Gott über ihren Untergang Rechenschaft geben mußt.
Marcus heißt Urheber der Irrlehre nicht im eigentlichen Sinn, als ob er dieselbe ausgedacht hatte . sondern weil er sie mit großem Eifer zu verbreiten suchte. ↩
Rom ↩
Der Titel defensor ecclesiae erscheint hier in den Briefen der Päpste zum ersten Male; wir werden ihm bald, am Schlusse des 9. Briefes des folgenden Papstes, abermals begegnen; zu bemeken ist jedoch, daß Innocentius dieser Institution nich wie einer neuen gedenkt. Die Defensores aber hatten nach dem Vorbild der Defensoren des Senates und der Städte die Kirche, bei der sie angestellt waren, und deren Geistliche in ihren weltlichen Angelegenheiten vor Gericht, bei den weltlichen Behörden und selbst bei den Kaisern zu vertreten und wurden im Orient nur aus dem Klerus, im Occident aus den Laien vom Kaiser im Einverständnisse mit dem Bischofe gewählt; vgl. Kirchenlexicon von Wetzer u. Welte III. S. 72. ↩
