(1. Cap.) 1 Mönche und Laien dürfen nur durch die kirchlichen Weihestufen zur Bischofswürde gelangen.
1. Deine Liebe begehrt eine Vorschrift des apostolischen Stuhles, in welcher die Anordnungen der Väter übereinstimmen; auch meldest du, daß Einige aus dem vielumworbenen Kreise der Mönche, deren Einsamkeit größer ist als jede noch so zahlreiche Versammlung, ja auch Laien gar schnell zur Bischofswürde gelangen. Daß besonders Dieß sowohl unter unseren Vorgängern als auch unlängst von uns verboten wurde, ist aus dem nach Gallien und Spanien übersendeten Schreiben2 bekannt, in welchen Ge- S. 268 genden jene Anmaßung heimisch ist, obwohl auch Africa diese unsere Ermahnung kennt, daß durchaus Niemand gegen die Vorschriften der Väter, „der nicht in den kirchlichen Lehren ordnungsgemäß unterrichtet ist und durch die Zeit sich als ein im göttlichen Dienste Erfahrener erwiesen hat, nach dem Bischofsamte in der Kirche zu streben wagen dürfe, und daß nicht bloß an ihm der Ehrgeiz als wirkungslos gelten solle, sondern daß auch die, welche ihn weihten, jener Weihe verlustig würden, welche sie ordnungswidrig den Vorschriften der Väter entgegen sich anmaßen zu dürfen glaube ten." 3 Deßhalb staunen wir, daß die Anordnungen des apostolischen Stuhles deiner Liebe nicht überbracht wurden. Wir loben demnach die Standhaftigkeit deines Vorhabens, theuerster Bruder, wie ja auch von der altbekannten Strenge deines Oberhirtenamtes kein anderes Vorgehen zu erwarten war, als daß du, gemäß den Vorschriften der Väter, solchen ehrgeizigen Gelüsten mit den Waffen des Glaubens entgegentreten würdest.
2. Wenn du also meinst, daß deiner Anordnung Etwas mangle, was wir jedoch nicht glauben, so ergänzen wir es. Widerstehe solchen Ordinationen, widerstehe dem Andringen des Stolzes und der Anmaßung. Dir zur Seite stehen die Anordnungen der Väter, sowie das Ansehen des apostolischen Stuhles. „Denn wenn die weltlichen Ämter einen hervorragenden Posten nicht Denen verleihen, welche erst den Dienst angetreten, sondern dem, welcher aus sehr viel Stufen im Laufe der Zeit erprobt wurde, wer sollte so anmaßend, so unverschämt sein können, daß er in dem himmlischen Dienste, welcher genauer zu prüfen und gleich dem Golde wieder und wieder im Feuer zu erprohen ist, sogleich ein Führer zu sein verlangt, ohne vorher Rekrut gewesen zu sein, und früher lehren als lernen will? Er gewöhne sich im Lager des Herrn zuerst in der Reihe der Lectoren4 S. 269 an die Anfänge des göttlichen Dienstes; es sei ihm auch nicht zu gering, Exorcist, Akolyth, Subdiakon, Diakon der Reihe nach zu werden, und auch Dieß nicht im Sprunge, sondern in den durch die Anordnung der Vorfahren festgesetzten Zeiten. Zur Würde des Priesteramtes soll er als solcher gelangen, daß sowohl dem Namen das Alter entspreche als auch seine bisherigen Dienstleistungen die Auszeichnung als einen gerechten Lohn bezeugen. Mit Recht wird er dann auf die Stelle eines Oberhirten hoffen dürfen.
3. Es ist dieß eine Folge der allzu großen Nachsicht unserer Mitbischöfe, welche den Pomp der Menge suchen und aus dieser Schaar eine Vergrößerung ihrer Würde zu gewinnen meinen. Daher findet sich allenthalben ein zahlreiches buhlerisches Hinzudrängen Solcher auch zu jenen Orten, wo die Einsamkeit herrscht, da sie entweder ihre Paröcien auszudehnen wünschen oder Denjenigen, welchen sie etwas Anderes nicht gewähren können, die göttlichen Weihen verleihen. Das erfordert stets eine strenge Prüfung. „Denn selten ist Alles, was groß ist." 5
Die Capitelseintheilung und Titelüberschriften nach Dionysius Exiguus. ↩
Ein Schreiben des P. Zosimus an die gallischen und spanischen Bischöfe, in welchem er die vorschnelle Ertheilung der Weihen verbietet, besitzen wir nicht, wenn nicht etwa damit das oben unter Num. 7 angeführte an Pataroclus zu verstehen ist, welches Dieser zur allgemeinen Kenntniß bringen sollte. ↩
2. Decret. cf. D. XXXVI. c. 2. et D. LIX. c. 1. ↩
Hier so wenig, wie an anderen ähnlichen Stellen, ist an eine genaue Aufzählung aller Weihestufen zu denken; das Ostiariat, welches wohl den Griechen unbekannt war, bei den Lateinern aber bestand, ist hier vielleicht deßhalb nicht genannt, weil die Ausübung dieses Amtes nicht von Allen gefordert wurde. ↩
3. Decret. cf. D. LIX. c. 2. ↩
