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Freilich hat die Ausführung aller körperlichen Handlungen1 , wie sie im voraus durch ewigen Ratschluß festgesetzt worden war, aufgehört, und ist nunmehr alles, was am Erlöser niedrig war, zur Herrlichkeit der Majestät des Vaters eingegangen, „auf daß sich im Namen Jesu jedes Knie beuge der Wesen im Himmel, auf Erden und unter der Erde und jede Zunge bekenne, daß der Herr Jesus in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters ist“2 , aber trotzdem unterlassen wir es nie, Geliebteste, bei der Feier des Geburtstages des Herrn, der aus allen Tagen vergangener Zeiten dazu auserwählt wurde, gerade die Leibesfrucht der uns das Heil bescherenden Jungfrau anzubeten. Wir verehren jene ebenso in der Krippe wie auf dem erhabenen Throne des Vaters. Denn obwohl die unveränderliche Gottheit ihre Macht und Herrlichkeit in sich selber trägt, war sie doch nicht deshalb, weil sie dem Auge der Menschen verborgen blieb, aus dem Kinde ausgeschlossen. In diesem ungewöhnlichen Lebensanfang des „wahren Menschen“ sollte jener Sproß erkannt werden, der zum Herrn und Sohne des Königs David bestimmt war. Singt doch dieser selbst prophetischen Geistes die Worte; „Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten!“3 . Durch dieses Zeugnis wurde, wie das Evangelium erzählt4 , die Gottlosigkeit der Juden widerlegt. Denn als sie auf die Frage Jesu, als wessen Sohn sie Christus bezeichneten, die Antwort gaben: „Als den Sohn Davids“, deckt sogleich der Herr ihre Blindheit auf mit den Worten: „Wie nennt ihn aber David im Geiste seinen Herrn, indem er sagt: Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten?“ Versperrt habt ihr euch, o Juden, den Weg der Erkenntnis und euch allen Lichtes der Wahrheit beraubt, indem ihr nur auf die Natur des Fleisches schaut. Gott, den S. 134Sohn Gottes, habt ihr von euch gestoßen, indem ihr, entsprechend den phantastischen Vorstellungen, die bei euch zur Überzeugung geworden waren, in dem Sohn Davids nur einen leiblichen Sprößling erwartet und euere Hoffnung nur auf einen Menschen gesetzt habt. Darum kann auch das Bekenntnis, das un s Ehre bringt, euch nicht frommen. Auch wir bekennen ja auf die Frage, wessen Sohn Christus sei, mit den Worten des Apostels, „daß er aus dem Samen Davids dem Fleische nach geworden ist“5 . Und schon die ersten Worte des Evangeliums belehren uns, wenn wir lesen: „Buch der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids “6 .
Aber darin unterscheiden wir uns von euerer Gottlosigkeit, daß wir gemäß dem Ausspruche: „Das Wort ist Fleisch geworden“7 glauben, daß derjenige gleich ewig mit dem Vater ist, den wir als menschlichen Sprößling aus dem Stamme Davids kennen. Wolltest du daher, Israel, die Würde deines Namens8 wahren und nicht verblendeten Sinnes über die Weissagungen der Propheten hinweggehen, so könnte dir Isaias die Wahrheit des Evangeliums erschließen, dann bliebest du nicht taub bei den von göttlicher Eingebung erfüllten Worten: „Siehe, eine Jungfrau empfängt in ihrem Schoße und wird einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Emanuel geben, was verdolmetscht wird: Gott mit uns!“9 . Und sahst du ihn auch nicht in der so hehren treffenden Bezeichnung dieses heiligen Namens, so hättest du ihn doch wenigstens in dem Ausspruch Davids erkennen müssen. Leugnest du ja sonst gegen das Zeugnis des Neuen und des Alten Testamentes, daß Jesus Christus, den du als Herrn Davids nicht anerkennst, Davids Sohn sei.
