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Obwohl es ein göttliches Gnadengeschenk war, wenn den Heidenvölkern die Geburt des Erlösers erkennbar wurde, so konnten die Magier doch auch in den alten Weissagungen Balaams für ein Verständnis dieses wunderbaren Himmelszeichens Belehrung finden. Kannten sie ja jene alte Prophezeiung, die von Mund zu Mund S. 161gegangen war: „Aufgehen wird ein Stern aus Jakob, und erheben wird sich ein Mann aus Israel, und herrschen wird er über die Heiden“1 . Es folgten also die drei Männer, von Gott durch den Glanz des ungewöhnlichen Sternes aufmerksam gemacht, der Bahn des strahlenden Lichtes, das ihnen auf dem Wege voranging. Dabei meinten sie den durch die Erscheinung bezeichneten Knaben in der Königsstadt Jerusalem finden zu müssen. Als sie sich aber in dieser Hoffnung getäuscht sahen, erfuhren sie durch die Schriftkundigen und die Gesetzeslehrer der Juden, was die heiligen Bücher über die Geburt Christi vorhergesagt hatten, so machten sie sich denn durch ein Doppelzeugnis gestärkt, mit noch glühenderem Glaubenseifer daran, denjenigen zu suchen, auf den des Sternes heller Schein und die gewährleistenden Worte der Weissagung deutlich hinwiesen. Es war aber in den Bescheiden der Priester die Verheißung Gottes geoffenbart worden und das Wort des Geistes, das da lautet: „Und du, Bethlehem, im Stamme Juda, bist nicht die geringste unter den Fürstenstädten Judas; denn aus dir wird hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren soll“2 . Wie leicht und folgerichtig wäre es da für die führenden Männer des hebräischen Volkes gewesen, auch zu glauben, was sie lehrten! Aber offenbar dachten sie wie Herodes nur an irdische Dinge, meinten sie, das Reich Christi sei den Mächten dieser Erde gleich. Demzufolge erhofften sich die Juden einen zeitlichen Herrscher und fürchtete jener einen weltlichen Nebenbuhler. Unbegründete Furcht, Herodes, ängstigt dich. Vergebens versuchst du, gegen den dir verdächtigen Knaben deine Wut zu kehren. Dein Land ist zu klein für Christus. Mit deiner eingeschränkten Macht begnügt sich nicht der Herr des Weltalls. Überall gebietet jener, dessen Herrschaft über Judäa du verhindern willst. Und du selbst würdest S. 162glücklicher regieren, wenn auch du dich seiner Macht unterwerfen wolltest. Warum vollbringst du nicht in aufrichtiger Pflichterfüllung, was du voll listiger Falschheit zu tun versprichst?3 .Zieh fort mit den Magiern und erweise dem wahren Könige in einem demütigen Gebete deine Verehrung! Allein du folgst zu sehr den verblendeten Juden. Du nimmst dir nicht den Glauben der Heiden zum Vorbild, sondern planst verkehrten Sinnes grausame Verfolgung. Und doch wirst du jenen nicht töten, den du fürchtest, wirst du jenen nicht schaden, die du vertilgst.
