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Geliebteste! Das heutige Fest verdankt, wie ihr wißt, seine hervorragende Bedeutung der Erscheinung S. 168unseres Herrn und Erlösers. Es ist dies der Tag, an welchem die drei Weisen von dem voranwandelnden Sterne zur Erkenntnis und Anbetung des Gottessohnes geführt wurden. Darum beschloß man mit Fug und Recht die Erinnerung an dieses Ereignis durch eine jährliche Ehrenfeier festlich zu begehen. Durch den dabei immer wieder zur Verlesung kommenden hierauf bezüglichen Abschnitt aus dem Evangelium soll sich jenes segenbringende Geheimnis durch das sich in ihm offenbarende großartige Wunder den Gläubigen stets aufs neue einprägen. Schon früher hatten sich mancherlei beweiskräftige Dinge ereignet, die dazu angetan waren, auf die Geburt des Herrn als Mensch deutlich hinzuweisen. So vernahm und glaubte z.B. die selige Jungfrau Maria, daß sie vom Heiligen Geiste befruchtet werden und dem Sohne Gottes das Leben geben sollte1 . So hüpfte bei ihrem Grüße der noch nicht geborene Johannes, von prophetischem Geiste erfüllt, im Leibe der Elisabeth freudig auf2 , gleich als ob er schon damals, als er sich noch im Mutterschoße befand, ausrufen wollte: „Sehet das Lamm Gottes, sehet, das hinwegnimmt die Sünden der Welt!“3 . So sahen sich die Hirten bei der durch den Engel verkündigten Geburt des Herrn vom Glanze himmlischer Heerscharen umflutet4 , auf daß sie nicht an der Majestät des Kindes zweifelten, das sie in der Krippe schauen sollten, und nicht meinten, der sei nur in der Natur des Menschen zur Welt gekommen, dem zu Ehren die himmlischen Heerscharen herniederstiegen. Allein diese und andere ähnliche Vorgänge scheinen damals nur wenigen Personen bekannt geworden zu sein, die entweder zur Verwandtschaft der Jungfrau Maria oder zur Familie des heiligen Joseph gehörten. Die Sendung jenes Himmelszeichens dagegen, das die in fernen Landen wohnenden Magier so erfolgreich beeinflußte und unablässig zu dem Herrn Jesus hinzog, war zweifellos ein geheimnisvoller Akt jener Gnade und der Beginn jener Berufung, S. 169denen zufolge das Evangelium Christi nicht allein in Judäa, sondern auch auf der ganzen Welt gepredigt werden sollte. So versinnbildete jener Stern, dessen Licht dem Blicke der Weisen erschien und den Augen der Israeliten verborgen blieb, auf der einen Seite die Erleuchtung der Heidenvölker, auf der anderen die Verblendung der Juden.
