1.
Geliebteste! Indem wir an den von den Aposteln überlieferten Anordnungen festhalten, ermahnen wir euch als treubesorgter Hirte, den Tag welchen jene vom Aberglauben der Heiden frei gemacht und für Werke der Barmherzigkeit bestimmt haben, nach frommem Brauche in gottgefälliger Weise zu feiern. Dadurch zeigen wir, daß bei uns das Ansehen der Väter fortlebt und ihre Lehre dauernd von uns beobachtet wird. Diese heilige, wichtige und nützliche Einrichtung hatte nicht allein das Wohl vergangener Zeiten im Auge, sondern auch das der Gegenwart: Uns soll zum Wachstum in der Tugend dienen, was jenen für die Ausrottung abergläubigen Wahnes förderlich war. Was aber frommt so dem Glauben, was entspricht so der christlichen Liebe, als wenn man das Elend der Armen lindert, die Pflege der Kranken auf sich nimmt, den Mitmenschen in ihren Bedrängnissen hilft und bei der Not S. 34anderer der eigenen Lage gedenkt? Wie weit aber ein jeder bei diesem Liebeswerke in seinen Leistungen gehen kann und nicht, das vermag einzig und allein der in richtiger Weise zu entscheiden, der seine Gaben und die damit Bedachten kennt. Werden uns doch nicht nur geistige Schätze und himmlische Gnaden von Gott zuteil, nein, auch irdische und leibliche Güter kommen von seiner Freigebigkeit. Deshalb wird er mit Fug und Recht über das von uns Auskunft verlangen, was er uns weniger als Besitz zu eigen gegeben, als vielmehr nur zur Verwaltung anvertraut hat. Weise und zweckentsprechend muß man also Gottes Gaben gebrauchen, damit nicht die Mittel, mit denen wir edle Taten vollbringen sollen, ein Werkzeug zur Sünde werden. Ist doch der Reichtum seiner Beschaffenheit und seinem Wesen nach etwas Gutes und vom größtem Nutzen für die menschliche Gesellschaft, wenn er in den Händen Wohlwollender und Freigebiger ist, wenn ihn weder ein Genußsüchtiger verschwendet noch ein Geizhals verscharrt. Dann freilich zerrinnt er in nichts, da er ebenso übel geborgen wie sinnlos vergeudet wird.
