3.
Darum soll kein prahlerisches Wort unser verständiges und gottgefälliges Fasten entweihen! Keiner unter den Gläubigen richte sich in seinen guten Handlungen nach dem Urteile der Menschen! Wer Gott liebt, sieht nur darauf, dem zu gefallen, den er liebt. Kann man sich doch keinen größeren Lohn wünschen als gerade die Liebe, da diese so zum Wesen Gottes gehört, daß sie nichts anderes als Gott selber ist. Eine fromme und reine Seele erfüllt der Besitz des Herrn mit solcher Freude, daß sie nur in ihm ihre Wonne sucht; denn ewig wahr bleibt das göttliche Wort: „Wo dein Schatz ist, dort wird auch dein Herz sein“1 . Was ist aber der Schatz eines Menschen anderes, als sozusagen die Aufspeicherung seiner Früchte und der Ertrag seiner Mühen? Erntet man doch, was man sät2 . Richtet sich ja der Lohn nach der Leistung. Sorgt sich doch das Herz um das, was ihm Genuß und Freude bringt. Nun gibt es aber gar mannigfache Arten des Reichtums und gar verschiedene Dinge, über welche man sich freuen kann. Demgemäß hat jeder dort seinen Schatz, wohin sein Herz ihn zieht. Streben wir nach irdischen Gütern, so werden wir durch sie nicht glücklich, sondern elend. Wer dagegen seinen Sinn auf das richtet, was oben ist, und nicht auf das, was S. 473die Erde bietet3 , wer nicht nach vergänglichen, sondern nach ewigen Dingen trachtet, der hat sich bleibende Schätze geborgen, wie sie der Prophet im Auge hat, wenn er sagt: „Unser Schatz und unser Heil ist gekommen: Weisheit und Zucht und Frömmigkeit von dem Herrn. Dies sind Schätze der Gerechtigkeit“4 . Durch solche Tugenden verwandeln sich mit Hilfe der göttlichen Gnade auch irdische Güter in himmlische, indem viele ihren ererbten oder sonstwie erworbenen Reichtum dazu benützen, um Nächstenliebe zu üben. Wenn sie die Mittel, über die sie so reichlich verfügen können, zur Unterstützung der Armen verteilen, sammeln sie sich Schätze, die ihnen niemand nehmen kann. Was in Almosen angelegt wird, ist gegen jeden Verlust gesichert. Solche Menschen haben mit Recht ihr Herz bei ihrem Schatze; denn hochbeglückend ist es, mit seinem Reichtum so zu wirtschaften, daß er wächst, ohne fürchten zu müssen, daß er entschwindet.
