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Geliebteste! Gott, der Schöpfer und Erlöser des Menschengeschlechts, will, daß wir auf den Pfaden der Gerechtigkeit zu den Verheißungen des ewigen Lebens zu gelangen trachten. Da wir jedoch auf dem Wege der S. 449Tugend von vielen Versuchungen tückischerweise überfallen werden, so hat er uns mancherlei Waffen verliehen, um die Fallstricke Satans vernichten zu können. So traf er für seine Diener auch die heilsame Einrichtung, daß sie sich mit dem Rüstzeug der Enthaltsamkeit und durch werktätige Liebe gegen alle Ränke des bösen Feindes rüsten sollten. Flößte doch dieser schon gleich nach Erschaffung der Welt den ersten Menschen das Verlangen ein, von der verbotenen Frucht zu kosten1 . Kam doch gerade durch diese Verführung zum Essen das Gift aller schlechten Triebe in die Herzen der leichtgläubigen Toren. Nie hört der Satan auf, zu solchen Trugmitteln zu greifen. Er weiß, daß unsere Natur durch seine Aussaat verdorben ist, und sucht sich in ihr einen Keim dessen, was er gesät hat. Deshalb weckt er in uns die Genußsucht, um unser Streben nach Tugend zu untergraben. Jeder Fortschritt des Christen auf der Bahn des Guten ist für ihn eine Qual. Dazu kommt noch, daß er den Seelen derer keinerlei Schaden zufügen kann, die mit Hilfe des Herrn ihrem Leibe zu gebieten wissen. Darum müssen wir auch unsere widerspenstigen Begierden durch weise Mäßigung und fromme Vorsätze in ihre Schranken zurückweisen. Wir dürfen nicht zulassen, daß das Verlangen unseres Fleisches mit den reinen Bestrebungen unserer Seele im Kampfe liegt. Der innere Mensch besinne sich darauf, daß er der Herr des äußeren ist, damit der durch Gottes Gebote geleitete Geist den aus Erde geschaffenen Leib zu einem willigen Diener mache! Um dieses richtige Verhältnis aufrechthalten zu können, steht uns der erbarmungsreiche2 König mit seiner Hilfe zur Seite. Mit den heilsamen Vorschriften geht er uns an die Hand, indem er gewisse, alljährlich sich wiederholende Fasttage ansetzt, an denen wir durch Kasteiung des Fleisches die Kraft unserer Seele stärken können.
