Dritter Artikel. Christus hat kraft semer Verdienste die Gewalt zu richten erhalten.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Die Richtgewalt folgt der königlichen, nach Prov. 20.: „Der König, der da sitzt auf dem Richterstuhle, zerstreut durch seinen Blick alles Übel.“ Die königliche Gewalt aber kommt Christo zu, nicht auf Grund seiner Verdienste, sondern weil Er der Eingeborene Gottes ist, nach Luk. 1.: „Es wird Ihm Gott der Herr geben den Sitz seines Vaters David; und herrschen wird Er im Hause Jakobs in Ewigkeit.“ Also hat Er nicht auf Grund seiner Verdienste die Gewalt erhalten, zu richten. II. Ebenso hat Christus die Gnade, Haupt der Kirche zu sein, nicht auf Grund seiner Verdienste erhalten, sondern sie gebührt Ihm auf Grund der Einigung der göttlichen und menschlichen Natur in der Person, nach Joh. 1, 14.: „Von seiner Fülle haben wir alle empfangen als des Eingeborenen des Vaters voll der Gnade und Wahrheit.“ Als Haupt der Kirche aber kommt es Ihm zu, wie Art. 2. gesagt, daß Er richte. Also hat Er dies nicht infolge seiner Verdienste, daß Er richtet. III. Der Apostel schreibt (1. Kor. 2.): „Der geistige Mensch beurteilt Alles.“ Geistig aber wird der Mensch durch die Gnade, die nicht eine Folge von Verdiensten ist, „sonst wäre sie nicht mehr Gnade“ (Röm. 11.). Also die Gnade allein ist für Christum als Menschen der Quell seiner richterlichen Gewalt und nicht ein Verdienst. Auf der anderen Seite heißt es bei Augustin (de verb. Dom. c. ult.): „Als Richter wird Er thronen, der da stand unter dem Richter; verwerfen wird Er die schuldigen, der da fälschlicherweise für schuldig erklärt wurde;“ und Job 36, 17.: „Seine Sache ist geurteilt worden als die eines gottlosen; deine Sache und die Macht zu richten wirst du erhalten.“
b) Ich antworte; es kann ganz wohl etwas jemandem gebühren aus verschiedenen Ursachen. So war die Herrlichkeit des Auferstandenen geschuldet auf Grund der mit der menschlichen Natur vereinigten Gottheit, wegen der Herrlichkeit der Seele und infolge des Verdienstes seines heiligen Leidens. Und so kommt die richterliche Gewalt dem Menschen Christus zu auf Grund der göttlichen Person, wegen der Würde des Hauptes und der Gnadenfülle, und ebenso infolge des Verdienstes, wonach derjenige vor Gottes Gerechtigkeit verdiente, Richter zu sein, der für die Gerechtigkeit Gottes gestritten und gesiegt hat, der da ungerecht gerichtet worden ist. Deshalb sagt der Herr in der Apokalypse (3, 21.): „Ich habe gesiegt und sitze auf dem Throne meines Volkes;“ und Ps. 9.: „Du sitzest auf dem Throne, der Du die Gerechtigkeiten richtest.“
c) I. Dies geht von der Richtgewalt aus, soweit sie dem Menschen Christus wegen der Person des Wortes gebührt. II. Dies geht aus von seiten der Gnade des Hauptes. III. Dies geht aus von seiten der heiligmachenden Gnade. Dadurch ist nicht ausgeschlossen, daß Ihm diese Gewalt gebührte, auch auf Grund des Verdienstes.
