Vierter Artikel. Nicht alle Sakramente sind gleich notwendig zum Heile.
a) Alle Sakramente sind dies. Denn: I. Was nicht notwendig ist, das ist überflüssig. Kein Sakrament aber ist überflüssig. II. Wie von der Taufe es heißt (Joh. 3.): „Wer nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem heiligen Geiste, kann nicht eintreten in das Reich Gottes,“ so heißt es von der Eucharistie (Joh. 6.): „Wer mein Fleisch nicht ißt und mein Blut nicht trinkt, wird nicht das Leben haben.“ Beide Sakramente also sind gleich notwendig. III. Ohne die Taufe kann jemand selig werden, „wenn nur nicht die Verachtung der Religion, sondern einzig die Notwendigkeit dieses Sakrament ausschließt“ (vgl. unten Kap. 68, Art. 1 und 2.). In jedem Sakramente aber ist die Verachtung der Religion ein Hindernis des Heils. Also sind alle Sakramente gleichmäßig notwendig. Auf der anderen Seite werden die Kinder selig nur durch die Taufe und ohne die anderen Sakramente.
b) Ich antworte, notwendig nenne man mit Rücksicht auf den Zweck 1. alles das, ohne was der Zweck nicht erreicht werden kann, wie z. B. die Speise notwendig ist für das menschliche Leben; das ist schlechthin notwendig zum Zwecke. Man nennt 2. notwendig mit Rücksicht auf den Zweck alles das, ohne was man denselben in nicht so zukömmlicher Weise haben kann, wie ein Pferd notwendig ist zur Reise. In der ersten Weise, also schlechthin, sind unter den Sakramenten notwendig: 1. Für die eigene Person die Taufe und zwar bedingungslos; 2. die Buße unter der Voraussetzung daß man in eine schwere Sündegefallen ist; 3. für die ganze Kirche die Priesterweihe; denn „wo niemand regiert, geht das Volk zu Grunde“ (Prov. ll.). In der zweiten Weise sind die anderen Sakramente notwendig. Denn die Firmung ist gewissermaßen eine weitere Vollendung des getauften; die letzte Ölung vollendet das Werk des Bußsakramentes; die Ehe bewahrt der Kirche die Vielheit der gläubigen vermittelst der Fortpflanzung.
c) I. Alle Sakramente sind notwendig in der einen oder der anderen der genannten Weisen. II. Jenes Wort des Herrn ist zu verstehen vom geistigen Essen und nicht allein vom sakramentalen, wie Augustin sagt (tract. 26. in Joan.). III. Wohl ist die Verachtung aller Sakramente dem Heile zuwider. Dies ist aber noch keine Verachtung eines Sakramentes, wenn man nicht Sorge trägt, es zu empfangen; soweit es nämlich nicht zum Heile schlechthin notwendig ist. Sonst würden alle, die nicht die Priesterweihe oder das Sakrament der Ehe empfangen, diese beiden Sakramente verachten.
