5.
Ich hatte ferner Verlangen nach der Einsamkeit und redete und unterhielt mich gern über Gott. Fand ich jemand, mit dem ich eine solche Unterhaltung pflegen konnte, so gewährte mir dies mehr Freude und Erholung als alle Artigkeiten, oder besser gesagt, Unartigkeiten weltlicher Unterhaltungen. Ich beichtete und kommunizierte viel häufiger als sonst und erwartete mit Sehnsucht die Gelegenheit dazu. In der Lesung geistlicher Bücher fand ich meine größte Wonne. Hatte ich Gott beleidigt, so empfand ich die bitterste Reue darüber; ja ich erinnere mich, es oftmals gar nicht gewagt zu haben, dem innerlichen Gebete obzuliegen, weil ich mich vor der außerordentlichen Pein, die ich ob des Bewußtseins, Gott beleidigt zu haben, dabei hätte ausstehen müssen, wie vor einer schweren Züchtigung fürchtete. Diese Pein nahm in der Folge so sehr zu, daß ich nicht weiß, womit ich sie vergleichen soll. Nie war jedoch die Furcht die Ursache davon; diese lag in etwas ganz anderem. Wenn ich nämlich der vom Herrn im Gebete empfangenen Gunstbezeigungen und der für mich daraus entspringenden Verbindlichkeiten gedachte und nun sah, wie übel ich ihm vergalt, so verursachte mir das Bewußtsein so großen Undankes eine unerträgliche Marter. Ich war dann äußerst ärgerlich über die vielen Tränen, die ich des begangenen Fehlers wegen schon geweint hatte, weil ich sah, wie wenig ich mich besserte; weder die gefaßten Vorsätze noch der Schmerz, den ich empfunden, waren wirksam genug, mich vor dem Rückfalle zu bewahren, wenn ich mich wieder in der Gelegenheit dazu befand. Meine Tränen kamen mir trügerisch vor, und ich glaubte, die neue Schuld würde ob der erkannten großen Gnade, die mir der Herr durch diese Tränen und durch eine so große Reue verliehen hatte, nur um so größer sein. Ich trachtete dann bald zu beichten und tat meines Erachtens alles, was in meinen Kräften stand, um mich wieder mit Gott zu versöhnen. Das ganze Unheil kam aber daher, daß ich das Böse nicht mit der Wurzel ausrottete und die Gelegenheiten nicht mied, und daß die Beichtväter mir in dieser Hinsicht wenig behilflich waren. Hätten diese mich auf die Gefahr, in der ich schwebte, und auf die Pflicht, gewisse freundschaftliche Verbindungen abzubrechen, aufmerksam gemacht: ich glaube gewiß, dem Übel wäre gesteuert gewesen; denn willentlich hätte ich keineswegs auch nur einen einzigen Tag in einer Todsünde bleiben können. Alle diese Merkmale der Furcht Gottes erwarb ich mir durch das innerliche Gebet; das Schätzenswerteste aber war, daß diese Furcht in die Liebe gehüllt war, denn ich dachte dabei an keine Strafe.
