3. Brief — An Pater Mariano in Alcalá
Toledo, am 11. Oktober 1578
Mut im Leiden und Vertrauen auf Gott. Verschiedene Empfehlungen.
Jesus, Maria, Joseph!
Ihr Brief, mein Vater Mariano, hat mir wirklich Kummer gemacht. Sie erzählen mir, wie es Ihnen beim Nuntius ergangen ist. Er sollte die Aufhebung der Reform anordnen, sagen Sie; auf Drängen der beschuhten Väter hin hätte Seine Gnaden bereits eine vorläufige Entscheidung in diesem Sinne getroffen. Außerdem teilen Sie mir mit, daß man sich des Paters Johannes von Jesu in Valladolid bemächtigen wollte, daß er sehr traurig am Hofe ankam und Sie alle sich in dieser Stimmung befänden, da Sie mich für gefangen hielten.
Gott sei immerdar gepriesen, daß er es so will! Aber jetzt, mein Vater, da ich Welt und Hölle sich gegen meine Söhne erheben sehe, habe ich die festeste Zuversicht, daß Seine Majestät und der heilige Vater Joseph sich dieser Angelegenheit annehmen werden. Von diesem Augenblicke an können Sie sich nicht als besiegt, sondern als Sieger betrachten. Luzifer sinnt auf nichts weniger als auf die Vernichtung dieser kleinen Herde der allerseligsten Jungfrau. Es wird ihm jedoch nicht gelingen, wie er denkt; im Gegenteil, mein Sohn, gerade jene, die uns jetzt verfolgen, werden uns ihre Gunst zuwenden.
Hören Sie also auf zu weinen und freuen Sie sich! Mich betrübt nur, daß meine Söhne einer Sünderin wegen, wie ich es bin, so vieles zu leiden haben, daß sie zerstreut und verfolgt werden; deshalb weine und seufze ich. Im übrigen bin ich des Sieges sicher; denn wir verteidigen ja die Sache Gottes.
Deshalb können Sie dem Pater Johannes von Jesu sagen, er soll nach Valladolid in das Haus der Doña Maria de Mendoza zurückkehren und es nicht eher verlassen, als bis ich ihm darüber Nachricht gebe. Übergeben Sie ihm diesen Brief, dessen Übermittlung er übernehmen soll, und legen Sie ihm ans Herz, nicht über Segovia, sondern über Buitrago zu reisen, weil dies vorteilhaft ist. Sie aber, mein Vater, wollen beiliegenden Brief sogleich dem König überbringen und ihm über den Stand unserer Angelegenheiten Aufschluß geben, obgleich ich ihn darüber selbst aufkläre. Sie werden sehen, wie er sich die Sache angelegen sein läßt, um Gott zu gefallen. Benehmen Sie sich recht demütig vor dem König und lassen Sie kein Gefühl der Erbitterung über jene merken, die uns Gelegenheit gegeben haben, Verdienste zu sammeln! Wir müssen in allem viel Geduld zeigen. Ich teile Ihnen dies mit, damit Sie unterrichtet sind, falls man vielleicht diesen Punkt berührt. Auf diese Weise werden die Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt.
Den anderen Brief, den ich Ihnen sende, sollen Sie dem Herrn Nuntius erst drei Tage später übergeben, damit der König Zeit hat, mit ihm zu sprechen. Dann werden Sie sehen, mein Vater, was geschieht; aber haben Sie Vertrauen und lassen Sie sich nicht zu der Schwachheit hinreißen, zu sagen, daß wir nicht mehr länger leiden können! Denn wenn Christus uns hilft, vermögen wir alles.
Haben Sie also einen lebendigen Glauben! Denn damit verwirklicht man die großen Werke Gottes. Ich rede in diesem Tone zu Ihnen, damit wir von nun an unser Vertrauen auf ihn zu setzen wissen.
Machen Sie, bitte, in meinem Namen einen Besuch bei der Prinzessin de Pastrana und teilen Sie ihr mit, daß ich unverzüglich das ausgeführt habe, um was sie mich gebeten hat! Sagen Sie ihr auch, sie möge nicht darüber in Sorge sein, daß ich gefangengehalten werde; denn ich verdiene noch viel mehr als das. Übrigens werden wir uns bald wiedersehen. Wenn wir uns wieder treffen, werde ich Ihnen die übrigen Anweisungen geben.
Meine Gefährtin hat keinen Appetit; empfehlen Sie diese Gott! Sie läßt den Bruder Johannes vom Elend durch Euere Hochwürden bitten, er möge ihr das versprochene Bild des heiligen Joseph malen. Nehmen Sie, bitte, diesen Auftrag auf sich! Ich wünschte, daß mein heiliger Joseph von der ganzen Welt verehrt würde. Meine Gesundheit ist gut; ich bin sogar etwas stärker geworden; nur mein Geist ist sehr schwach. Ich habe mich nur damit beschäftigt, mich zu pflegen, nicht aber Buße zu tun. Welch ein Jammer, mich so zu sehen! Wenden Sie sich an Gott, mein Vater, und bitten Sie ihn, mich fromm zu machen! Gepriesen sei Seine Majestät in allem und für alles! Ihnen aber verleihe der Herr seine Gnade und seinen Geist!
Toledo, 11. Oktober 1578
Theresia von Jesu
