4. Brief — An Pater Johannes von Jesu (Roca) in Valladolid
Toledo, am 25. März 1579
Freude inmitten von Leiden. Vision, die den bevorstehenden Triumph der Reform ankündigt.
Jesus und Maria seien in der Seele meines Vaters Johannes von Jesu!
Ich habe den Brief von Euer Hochwürden im Gefängnis hier erhalten, wo ich sehr glücklich bin; denn ich erdulde alle Entbehrungen für meinen Gott und meine Ordensfamilie. Mich quält nur, mein Vater, der Kummer, den Sie um meinetwillen empfinden; das ist mein Schmerz. Betrüben Sie sich darum nicht mehr, mein Sohn, und auch die übrigen Väter sollen sich nicht betrüben! Ohne die Heiligkeit eines Paulus zu besitzen, kann ich wohl mit ihm sagen: Das Gefängnis, die Beschwerden, die Verfolgungen, die Qualen, die Verleumdungen und Beschimpfungen, die ich für Christus erdulde und für meine Ordensfamilie, sind für mich eine Ursache zur Freude.
Ich bin den Prüfungen gegenüber nie weniger empfindlich gewesen als jetzt. Es ist eben Gott eigen, seine Gunst den Bedrängten und Gefangenen zu erweisen, indem er ihnen beisteht und sie unterstützt. Ich danke ihm tausendmal dafür, und es ist auch billig, daß wir alle ihm unsere Dankbarkeit bezeigen für die Tröstungen, womit er mich hier im Gefängnisse [gleichsam] überschüttet. O mein lieber Sohn und Vater, worüber sollte man mehr jubeln, worin mehr Glück und Süßigkeit finden, als wenn man für einen so guten Gott leidet? Wann haben denn die Heiligen in ihrem Innern den wahren Frieden gefunden? Doch dann, wenn sie für ihren Erlöser und Gott gelitten haben. Das ist der sichere, ja der geradeste Weg, zu ihm zu gelangen, da das Kreuz all unsere Freude und all unser Glück ausmacht. Suchen wir also das Kreuz, mein Vater; umarmen wir die Leiden! Denn von dem Tage an, wo sie uns fehlen, sieht es schlimm um die Reform, schlimm um uns.
Sie teilen mir in Ihrem Briefe mit, daß der Herr Nuntius schon
angeordnet habe, man dürfe kein Kloster der Unbeschuhten mehr gründen und die bereits gegründeten sollten unterdrückt werden; er sei sehr ungehalten über mich und halte mich für ein unruhiges und unbeständiges Weib. Die Welt sei im Kampfe gegen mich, und meine Kinder verbergen sich in die am meisten unzugänglichen Höhlen der Berge oder in die abgelegensten Häuser, um nicht entdeckt und in das Gefängnis geworfen zu werden; das beweine ich, und das verursacht mir Leid. Eines aber zerreißt mir das Herz, daß nämlich für eine arme Sünderin und schlechte Nonne, wie ich es bin, meine Söhne so viele Verfolgungen und Beschwerden auf sich nehmen müssen. Davon aber bin ich überzeugt, daß sie, wenn sie auch von den Menschen verlassen werden, doch nicht von Gott verlassen sind. Nein, Gott wird jene nicht verlassen und von sich stoßen, die ihn so sehr lieben.
Um Sie, mein Sohn, und alle Ihre Mitbrüder zu erfreuen, will ich Ihnen etwas sehr Tröstliches mitteilen. Das soll aber ein Geheimnis bleiben zwischen Euerer Hochwürden, Pater Mariano und mir. Sie würden mich betrüben, wenn andere es erfahren würden. Es diene Ihnen zur Kenntnis, mein Vater, daß eine Nonne des hiesigen Klosters, als sie sich einmal am Vorabend des Festes meines heiligen Vaters Joseph beim Gebete befand, diesen großen Heiligen und die allerseligste Jungfrau sah, wie sie ihren göttlichen Sohn für die Reform anflehten. Unser Herr sprach zur Nonne, daß die Hölle und eine
große Anzahl von Menschen auf Erden sich freuten, weil sie glaubten, mit der Reform sei es jetzt zu Ende; aber eben als der Nuntius die Weisung gegeben hatte, die Reform zu unterdrücken, hatte Gott sie bestätigt. Er empfahl ihr außerdem, zum König ihre Zuflucht zu nehmen; man würde an ihm einen Vater finden für die Verteidigung all unserer Interessen. Die seligste Jungfrau und der heilige Joseph sagten ihr das gleiche und noch vieles andere, was man einem Briefe nicht anvertrauen kann. Sie fügten bei, daß ich mit Gottes Hilfe in zwanzig Tagen das Gefängnis verlassen würde. Freuen wir uns also alle! Denn von heute an wird die Reform des Karmelitenordens immer mehr zunehmen.
Sie müssen, mein Vater, im Hause der Doña Maria de Mendoza bleiben, bis ich Ihnen eine andere Weisung zukommen lasse. Pater Mariano soll diesen Brief dem König übergeben und den anderen der Herzogin de Pastrana. Geben Sie, mein Vater, nicht auf, damit man Sie nicht verhaftet! Und bald werden wir uns in Freiheit sehen.
Meine Gesundheit ist gut; ich bin sogar etwas stärker als gewöhnlich. Gott sei dafür gepriesen! Aber meine Gefährtin hat keinen Appetit. Empfehlen Sie diese Gott und lesen Sie eine Dankesmesse zu Ehren meines heiligen Vaters Joseph! Schreiben Sie mir nicht, bis ich Sie in Kenntnis setze! Möge Gott aus Ihnen einen Heiligen und einen vollkommenen unbeschuhten Karmeliten machen!
Heute ist Mittwoch, der 25. März 1579.
Ich habe dem Pater Mariano schon mitgeteilt, daß Sie und Pater Hieronymus [Gracián] von der Mutter Gottes unsere Angelegenheit mit dem Herzog del Infantado ins reine bringen sollen.
Theresia von Jesu
