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Vier Bücher über die christliche Lehre (BKV)
33. Kapitel: Die dritte Regel des Tychonius
46. Die dritte Regel handelt von den Verheißungen und vom Gesetze oder wie man anders auch sagen könnte „vom Geist und vom Buchstaben“. Letzteren Titel haben wir selber gewählt, als wir hierüber ein Buch schrieben1. Man könnte auch noch sagen: „Von der Gnade und vom Gebote.“ Dieses Problem scheint mir indes mehr eine große Streitfrage zu sein als eine Regel, die zur Lösung der Frage dienlich ist. Die Pelagianer haben dies nicht verstanden: darum haben sie ihre Irrlehre aufgestellt und sogar noch vertieft. Was Tychonius zur Lösung dieser Frage beigebracht hat, ist wohl eine gute, aber keineswegs ausreichende Arbeit. Bei Besprechung des Problems vom Glauben und den Werken sagte er, die Werke würden uns infolge des Verdienstes des Glaubens gegeben, der S. 148Glaube selbst jedoch stamme so sehr von uns selbst, daß wir ihn nicht von Gott haben. Dabei gab er nicht auf die Worte des Apostels acht: „Friede sei den Brüdern und Liebe mit dem Glauben von Gott dem Vater und dem Herrn Jesus Christus2!“ Aber er hatte die Häresie noch nicht kennen gelernt, die erst zu unserer Zeit entstand und uns in der Verteidigung der Gnade Gottes durch unsern Herrn Jesus Christus vielfach übte. Nach den Worten des Apostels: „Es muß auch Irrlehren geben, auf daß die Bewährten unter euch kund werden3“, hat sie uns vielfach wachsamer und sorgfältiger gemacht, auf dasjenige in der Heiligen Schrift besser acht zu geben, was dem weniger aufmerksamen und, weil er sich ohne Feinde glaubte, auch weniger sorgfältigen Tychonius entging, daß nämlich auch der Glaube ein Geschenk desjenigen ist, der das Maß des Glaubens einem jeden zuteilt4. Infolge dieser Wahrheit ist einigen gesagt worden: „Euch ist ja die Gnade verliehen, nicht nur an Christus glauben, sondern auch für ihn leiden zu dürfen5).“ Wer zweifelt demnach daran, daß diese beiden Gnaden wirklich Geschenke Gottes seien, wenn er mit gläubigem Sinn und mit Verständnis hört, daß beide Gnaden geschenkweise verliehen worden sind? Es gibt noch mehrere andere Stellen, mit denen sich diese Wahrheit beweisen läßt; aber wir haben davon jetzt nicht zu handeln; bei vielen anderen Gelegenheiten aber sind wir schon sehr oft darauf zu sprechen gekommen.
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De doctrina Christiana
CAPUT XXXIII.-- Regula tertia Tichonii. Liber de Spiritu et Littera.
46. Tertia regula est de Promissis et Lege, quae alio modo dici potest de spiritu et littera, sicut nos eam appellavimus, cum de hac re librum scriberemus. Potest etiam sic dici, de gratia et mandato. Haec autem magis mihi videtur magna quaestio quam regula, quae solvendis quaestionibus adhibenda est. Haec est quam non intelligentes Pelagiani, vel condiderunt suam haeresim, vel auxerunt. Laboravit in ea dissolvenda Tichonius bene, sed non plene. Disputans enim de fide et operibus, opera nobis dixit a Deo dari merito fidei; ipsam vero fidem sic esse a nobis, ut nobis non sit a Deo. Nec attendit Apostolum dicentem, Pax fratribus et charitas cum fide a Deo Patre et Domino Jesu Christo 1. Sed non erat expertus hanc haeresim, quae nostro tempore exorta, multum nos, ut gratiam Dei quae per Dominum nostrum Jesum Christum est, adversus eam defenderemus, exercuit; et secundum id quod ait Apostolus, Oportet haereses esse, ut probati manifesti fiant in vobis 2, multo vigilantiores diligentioresque reddidit, ut adverteremus in Scripturis sanctis, quod istum Tichonium minus attentum, minusque sine hoste sollicitum fugit, etiam ipsam scilicet fidem donum illius esse qui ejus mensuram unicuique partitur 3. Ex qua sententia quibusdam dictum est, Vobis donatum est pro Christo, non solum ut in eum credatis, verum etiam ut pro eo patiamini 4. Unde quis dubitet utrumque esse Dei donum, qui fideliter atque intelligenter audit utrumque donatum? Plura sunt et alia testimonia quibus id ostenditur: sed hoc nunc non agimus; alibi autem atque alibi saepissime ista egimus.