15. Kap. Polykarp stirbt mit anderen unter Verus in Smyrna den Martertod.
Unter Mark Aurel fand Polykarp während der in Asien wütenden heftigen Verfolgungen den Martertod. Ich erachte es für sehr notwendig, sein Lebensende, dessen schriftliche Aufzeichnung noch vorhanden ist, in unserer Geschichte der Nachwelt zu überliefern. Es ist dies das Schreiben, welches im Namen der Kirche, die von Polykarp geleitet worden war, an die Gemeinden der verschiedenen Gegenden sein Schicksal also mitteilt:1 „Die Kirche Gottes zu Smyrna an die Kirche Gottes in Philomelium und an alle Gemeinden der heiligen katholischen Kirche auf der ganzen Welt: möge sich die Barmherzigkeit, der Friede und die Liebe Gottes des Vaters und unseres Herrn Jesus Christus mehren! Wir berichten euch, Brüder, das Schicksal der Märtyrer und des seligen Polykarp, welcher durch seinen Martertod die Verfolgung gewissermaßen besiegelt und beendet hat.“ Sodann erzählen sie,2 noch ehe sie über Polykarp berichten, die Schicksale der anderen Märtyrer und beschreiben ihre Standhaftigkeit in Ertragung S. 175 von Leiden. Nach ihrem Berichte erschraken die Umstehenden, als sie sahen, wie die einen von ihnen mit Geißeln bis auf die verborgensten Adern und Blutgefäße derart zerfleischt wurden, daß man selbst den innersten Bau des Körpers sehen konnte, und wie andere auf Muscheln und spitzige Pfähle gelegt wurden und wie sie nach allen möglichen Qualen und Martern schließlich wilden Tieren zur Nahrung vorgeworfen wurden. Ganz besonders — so erzählen sie — zeichnete sich der edle Germanikus aus, indem er mit der göttlichen Gnade die angeborene Furcht vor dem Tode überwand. Als ihn der Prokonsul zu überreden suchte, auf sein Alter hinwies und ihm eindringlich vorhielt, daß er mit Rücksicht auf seine Jugend und auf die Blüte seiner Jahre mit sich selber Mitleid haben solle, zögerte er nicht, sondern riß das wilde Tier gierig an sich und zwang und reizte es geradezu, um von ihrer ungerechten, frevelhaften Gesellschaft um so schneller loszukommen. Anläßlich des glorreichen Todes dieses Mannes entsetzte sich die ganze Masse über den gottgeliebten Zeugen der Standhaftigkeit und über den Heldenmut des ganzen Christengeschlechtes, und einstimmig begann sie zu schreien: „Fort mit den Gottlosen! Auf zur Suche nach Polykarp!“ Als mit diesem Geschrei der Tumult sehr groß geworden war, wurde ein Phrygier, namens Quintus, der erst vor kurzem aus Phrygien angekommen war, beim Anblick der wilden Tiere und der übrigen Gefahren kleinmütig und ängstlich und gab schließlich sein Heil preis. Wie das erwähnte Schreiben mitteilt, war er sehr voreilig und ohne gründliche Überlegung mit den anderen vor den Richterstuhl getreten, und wurde er nach seiner Gefangennahme allen ein sprechendes Beispiel dafür, daß man sich nicht tollkühn und ohne Überlegung in solche Gefahren begeben dürfe. So war das Ende der einen. Der bewundernswerte Polykarp aber ließ sich bei der ersten Schreckensnachricht nicht aus der Fassung bringen, bewahrte seine uner- S. 176 schütterliche Ruhe und wollte in der Stadt bleiben. Doch gab er dem Drängen seiner Umgebung, die ihn aufforderte, fortzugehen, nach und ging auf ein in der Nähe der Stadt gelegenes Landgut, wo er sich mit einigen aufhielt, um Tag und Nacht einzig und allein zum Herrn zu flehen und so, wie er es immer zu tun pflegte, für die Kirchen des ganzen Erdkreises dringend den Frieden zu erbitten. Drei Tage vor seiner Gefangennahme hatte er während des Betens bei Nacht ein Gesicht und sah, wie sein Kopfkissen plötzlich von Feuer ergriffen wurde und verbrannte. Als er wieder zu sich kam, legte er sofort den Anwesenden die Erscheinung aus, sagte ihnen geradezu die Zukunft voraus und erklärte seiner Umgebung offen, daß er um Christi willen des Feuertodes sterben müsse. Da seine Späher sehr eifrig bei der Arbeit waren, soll er mit Rücksicht auf die liebevolle Sorge seiner Brüder noch einmal den Aufenthaltsort gewechselt haben und auf ein anderes Landgut gegangen sein. Doch gar bald kamen seine Verfolger dahin. Sie ergriffen zwei der dortigen Diener und zwangen einen derselben durch Mißhandlung, das Versteck des Polykarp zu verraten. Da es schon spät war, als sie ankamen, fanden sie ihn im oberen Stockwerk ruhend. Er hätte von da in ein anderes Haus fliehen können, doch wollte er es nicht tun, sondern sprach: „Der Wille Gottes geschehe!“ Das Schreiben berichtet, er sei, als er von ihrer Anwesenheit erfuhr, hinuntergegangen und habe so freundlich und so liebenswürdig mit ihnen gesprochen, daß die, welche ihn nicht schon vorher gekannt hatten, glaubten, eine wunderbare Erscheinung zu sehen; erstaunt waren sie über sein hohes Alter und über die Würde und Gelassenheit seines Benehmens und darüber, daß man solche Mühe aufwenden konnte, einen so alten Mann gefangenzunehmen. Ohne Zögern ließ Polykarp sofort für sie den Tisch decken, forderte sie dann auf, von der reichlich vorgesetzten Speise zu nehmen, und erbat von ihnen eine Stunde Frist, S. 177 damit er in Ruhe beten könne. Da ihm die Bitte gewährt wurde, stand er auf und betete voll der Gnade des Herrn in einer Weise, daß die Anwesenden erschüttert wurden, als sie ihn beten hörten, und daß viele von ihnen Reueschmerz empfanden bei dem Gedanken, daß sie einen so ehrwürdigen Greis zum Tode führen wollten. Das ihn betreffende Schreiben erzählt sodann den weiteren Verlauf seiner Geschichte wörtlich also:3 „Endlich schloß er sein Gebet, in welchem er aller gedachte, die ihm jemals begegnet waren, kleiner und großer, berühmter und unberühmter Leute und der ganzen katholischen Kirche auf dem Erdkreise. Als nun die Stunde gekommen war, aufzubrechen, setzte man ihn auf einen Esel und brachte ihn in die Stadt; es war an einem großen Sabbate.4 Da kamen ihm der Irenarch5 Herodes und dessen Vater Niketes entgegen. Sie nahmen ihn zu sich auf den Wagen und suchten ihn, während sie neben ihm saßen, zu überreden mit den Worten: ‚Was ist es denn Schlimmes, Herr6 Kaiser zu sagen, zu opfern und sich das Leben zu retten?’ Polykarp gab ihnen zunächst keine Antwort; als sie ihm aber keine Ruhe ließen, erklärte er: ,Ich bin nicht gewillt, das zu tun, was ihr mir ratet.’ Da es ihnen nicht S. 178 gelang, ihn zu überreden, beschimpften sie ihn und stießen ihn mit solcher Gewalt, daß er sich beim Absteigen vom Wagen das Schienbein verletzte. Doch er achtete nicht darauf, ging, wie wenn ihm nichts zugestoßen wäre, wohlgemut und eilends weiter und wurde in die Rennbahn geführt. Als Polykarp in die Rennbahn eintrat, erscholl vom Himmel eine Stimme: ,Mut, Polykarp, sei ein Mann!’ Infolge des großen Lärmes in der Rennbahn wurde aber die Stimme von der Menge gar nicht gehört. Niemand sah den, der die Worte sprach, aber viele von den Unsrigen vernahmen die Stimme. Als man erfuhr, Polykarp sei verhaftet, entstand großer Lärm bei seiner Vorführung. Der Prokonsul, vor den er trat, fragte ihn nun, ob er Polykarp sei. Er bejahte es, worauf jener ihm nahelegte, er solle (seinen Glauben) verleugnen, ihn aufforderte: ‚Nimm Rücksicht auf dein hohes Alter!’ und an ihn noch die anderen üblichen Worte richtete: ‚Schwöre beim Glücke des Kaisers, ändere deine Gesinnung, sprich: Fort mit den Gottlosen!’ Mit ernstem Blicke sah Polykarp auf die ganze Versammlung in der Rennbahn, streckte seine Hand aus, seufzte, schaute zum Himmel und rief: ,Fort mit den Gottlosen!’ Als der Prokonsul weiter in ihn drang mit den Worten: ,Schwöre, und ich werde dich freilassen! Lästere deinen Christus!’ antwortete Polykarp: ‚Schon 86 Jahre diene ich ihm, und er hat mir kein Leid getan. Wie kann ich meinen König, der mich erlöst hat, lästern?’ Als ihm aber der Prokonsul wieder keine Ruhe ließ und ihn aufforderte: ‚Schwöre beim Glücke des Kaisers!’ entgegnete Polykarp: ,Wenn du dir mit dem Gedanken schmeichelst, ich würde, um deine Worte zu gebrauchen, beim Glücke des Kaisers schwören, und dich stellst, als wüßtest du nicht, wer ich bin, dann vernimm das offene Bekenntnis: Ich bin Christ. Willst du die christliche Lehre kennenlernen, dann bestimme einen Termin zur Aussprache!’ Der Prokonsul gab ihm zur Antwort: ,Das Volk magst du überzeugen.’ S. 179 Polykarp wandte ein: ,Dich hätte ich einer Belehrung gewürdigt; denn man hat uns gelehrt,7 den von Gott aufgestellten Fürsten und Beamten die gebührende Ehre zu erweisen, soferne solche Ehrung uns keinen Schaden bringt. Jene aber halte ich nicht für würdig, mich ihnen gegenüber zu verteidigen.’ Da erklärte der Prokonsul: ,Wilde Tiere stehen mir zur Verfügung. Ihnen werde ich dich vorwerfen lassen, wenn du nicht nachgibst.’ Polykarp bemerkte: ,Lasse sie kommen! Denn unmöglich ist es uns, uns vom Besseren zum Schlimmeren zu bekehren. Gut aber ist es, sich vom Schlimmen weg zur Gerechtigkeit hinzuwenden.’ Der Prokonsul: ‚Wenn du dir aus den wilden Tieren nichts machst und hartnäckig bleibst, lasse ich dich vom Feuer verzehren.’ Polykarp: ,Du drohst mir mit einem Feuer, das nur einige Zeit brennt und bald wieder erlischt. Nicht kennst du das Feuer des kommenden Gerichtes und der ewigen Strafe, das den Gottlosen bestimmt ist. Doch warum zögerst du? Hole herbei, was du willst!’ Während Polykarp diese und noch mehrere andere Worte sprach, war er von Mut und Freude erfüllt, und sein Angesicht strahlte von Anmut, so daß er nicht nur nicht bei den Worten, die man an ihn richtete, bestürzt zusammenbrach, sondern daß vielmehr der Prokonsul voll Schrecken seinen Herold ausschickte, dreimal mitten in der Rennbahn zu verkünden: Polykarp hat sich als Christ bekannt. Bei diesen Worten des Herolds schrie die ganze Menge der in Smyrna wohnenden Heiden und Juden mit unverhohlener Wut und mit lauter Stimme: ‚Dieser ist der Lehrer Asiens, der Vater der Christen, der Vernichter unserer Götter, der viele vom Opfer und Gebet abhält!’ So schrie die Masse und verlangte lärmend vom Asiarchen8 Philippus, er solle auf Polykarp S. 180 einen Löwen loslassen. Dieser aber erklärte, es sei ihm nicht gestattet, da die Tierhetzen bereits beendet seien. Da beschlossen sie, einstimmig zu rufen, Polykarp solle lebendig verbrannt werden. Es mußte sich das Gesicht bezüglich des Kopfkissens bewahrheiten; er hatte nämlich, als er während des Gebetes dasselbe brennen sah, zu den Gläubigen, welche bei ihm waren, die prophetischen Worte gesprochen: ‚Ich muß lebendig verbrannt werden.’ Gesagt, getan: eilends holt die Menge aus den Werkstätten und Bädern Holz und Reisig zusammen, wobei die Juden ihrer Gewohnheit gemäß bereitwillig die größten Dienste leisteten.9 Als der Holzstoß errichtet war, legte Polykarp alle seine Oberkleider ab und löste seinen Gürtel, sodann suchte er auch seine Schuhe auszuziehen. Sonst brauchte er dies nicht zu tun, da stets alle Gläubigen gewetteifert hatten, zuerst seinen Leib berühren zu dürfen; denn schon vor seinem Martyrium wurde er wegen seines tugendhaften Wandels auf jegliche Weise ausgezeichnet. Das für den Scheiterhaufen hergerichtete Material wurde sofort um ihn herum gelegt. Als man ihn auch annageln wollte, erklärte er: ‚Lasset mich so! Denn der, welcher mich für das Feuer bestimmt hat, wird mir auch die Gnade geben, ohne Sicherung durch Annagelung unbeweglich auf dem Scheiterhaufen stehen zu bleiben.’ Sie nagelten ihn daher nicht an, doch banden sie ihn fest. Er aber, die Hände am Rücken und festgemacht gleich einem herrlichen Widder, der aus einer großen Herde zu einem für den allmächtigen Gott angenehmen Opfer auserlesen wurde, sprach das Gebet: ‚O Vater deines geliebten und gepriesenen Sohnes Jesus Christus, der uns deine Erkenntnis vermittelt hat, o Gott der Engel und Mächte und aller Schöpfung und des ganzen Geschlechtes der Ge- S. 181 rechten, die dich vor Augen haben, ich preise dich, daß du mich dieses Tages und dieser Stunde gewürdigt hast, so daß ich unter der Schar der Märtyrer teilnehme an dem Kelche deines Christus, um seelisch und körperlich in der Unvergänglichkeit des Geistes zu ewigem Leben aufzuerstehen. Möchte ich unter die Zahl der Märtyrer heute vor dir aufgenommen werden als fettes, wohlgefälliges Opfer! Denn du, untrüglicher, wahrhaftiger Gott, hast dieses Opfer vorherverkündet und erfüllt, du hast es zubereitet. Deshalb für alles bringe ich dir Lob, Dank und Verherrlichung durch den ewigen Hohenpriester Jesus Christus, deinen geliebten Sohn, durch welchen dir mit ihm selbst im Heiligen Geiste die Ehre sei jetzt und in alle Ewigkeit. Amen!’10 Nachdem Polykarp das Amen ausgesprochen und sein Gebet beendet hatte, zündeten die Heizer das Feuer an. Als die Flamme mächtig emporloderte, schauten wir ein Wunder; denn uns wurde die Gnade gegeben, das Wunder zu sehen, und wir wurden bestimmt, anderen das Geschehene zu verkünden. Das Feuer, das sich gleich einem vom Winde geschwellten Segel wölbte, umgab rings den Leib des Märtyrers wie eine (schützende) Mauer. Sein Fleisch verbrannte nicht darin, sondern es war wie Gold und Silber in einem Schmelzofen. Auch empfanden wir einen Wohlgeruch wie von duftendem Weihrauch oder anderen kostbaren Gewürzen. Als schließlich die Gottlosen merkten, daß sein Leib vom Feuer nicht verzehrt werden könne, befahlen sie dem Konfektor,11 er solle zu Polykarp hingehen und ihm das Schwert in die Brust stoßen. Er tat dies, worauf eine solche Menge Blutes floß, daß es das Feuer auslöschte und die ganze Menschenmenge sich wunderte über den großen Unterschied, der zwischen den Ungläubigen und S. 182 den Auserwählten besteht. Zu den Auserwählten zählte auch unser Polykarp, ein Lehrer von apostolischem und prophetischem Geist und von größtem Ansehen in unserer (christlichen) Zeit, Bischof der katholischen Kirche in Smyrna. Jedes Wort aus seinem Munde hat sich erfüllt und wird sich noch erfüllen. Als aber der eifersüchtige und verleumderische Böse, der gegen das Geschlecht der Gerechten ankämpft, die Größe seines Martyriums, seinen von Anfang an unbefleckten Lebenswandel, seine Krönung mit dem Kranze der Unvergänglichkeit und seine Auszeichnung mit einem unbestreitbaren Kampfpreise sah, da suchte er sogar zu verhindern, daß wir seine leiblichen Überreste wegtrugen, wonach doch viele verlangt hatten, um etwas von seinem heiligen Fleische zu besitzen. Einige veranlaßten daher den Niketes, den Vater des Herodes und Bruder der Alke, den Prokonsul zu ersuchen, daß er den Leichnam nicht herausgäbe, ‚damit nicht die Christen’ — so lauteten ihre Worte — ,den Gekreuzigten verlassen und anfangen, den Polykarp zu verehren’. So sagten sie auf Veranlassung und Drängen der Juden, welche schon auf uns achtgegeben hatten, als wir Polykarp aus dem Feuer holen wollten. Sie sahen nicht ein, daß wir Christus, der für das Heil aller, die auf Erden erlöst werden, gelitten hat, nicht verlassen und nicht einen anderen anbeten können. Christus beten wir an, weil er der Sohn Gottes ist, den Märtyrern aber erweisen wir als Schülern und Nachahmern des Herrn würdige Verehrung wegen ihrer unübertrefflichen Liebe zu ihrem König und Lehrer. Möchten doch auch wir ihre Genossen und Mitschüler werden! Als der Hauptmann die Bosheit der Juden merkte, ließ er Polykarp aufbahren und dem Brauch gemäß verbrennen. Auf solche Weise kamen wir hernach in den Besitz seiner Gebeine, die wertvoller sind als Edelsteine und kostbarer als Gold. Wir bestatteten dieselben an geeigneter Stelle, wo wir uns wo möglich in Jubel und Freude versammeln, um S. 183 mit der Gnade des Herrn den Tag seines Martyriums und seiner Geburt zu feiern zur Erinnerung an die, welche uns im Kampfe vorangegangen sind, und zur Übung und Vorbereitung für die, welche im Kampfe folgen. Soviel über den heiligen Polykarp, welcher, wenn die aus Philadelphia stammenden Märtyrer miteingerechnet werden, der zwölfte Blutzeuge in Smyrna war, aber mehr als alle geehrt wird, so daß selbst die Heiden überall von ihm sprechen.“12
Das Leben des wunderbaren, apostolischen Polykarp war eines solchen Abschlusses gewürdigt worden nach dem Berichte, den die Brüder der Kirche von Smyrna in dem erwähnten Briefe niedergelegt haben. Dem gleichen Schreiben über Polykarp waren noch andere Martyrien beigefügt worden, die ebenfalls in Smyrna eben zur Zeit, da Polykarp Blutzeuge wurde, erfolgt waren. Zu diesen gehört die Hinrichtung des Metrodorus, der für einen Priester der marcionitischen Irrlehre gehalten wurde und des Feuertodes starb. Zu den berühmten Blutzeugen der damaligen Zeit zahlte auch ein gewisser Pionius. Eine Schrift über ihn erzählt ausführlich von seinen einzelnen Bekenntnissen, seinem Freimut im Reden, seinem Eintreten für den Glauben vor dem Volke S. 184 und den Beamten, seinem öffentlichen Unterricht, ferner seinem Entgegenkommen gegenüber denen, die sich in der Zeit der Verfolgung verführen ließen, seinen Trostworten an die Brüder, welche ihn im Gefängnis besuchten, seinen sonstigen Martern und Schmerzen, seiner Annagelung, seiner Standhaftigkeit auf dem Scheiterhaufen und seinem unter allen möglichen Wundern erfolgten Ende. Wer sich dafür interessiert, den möchten wir auf diese Schrift verweisen; wir haben sie den von uns gesammelten Martyrien aus alter Zeit13 beigefügt. Weiterhin sind noch Erinnerungen überliefert über solche, welche in Pergamon in Asien den Martertod erlitten haben, nämlich über Karpus, Papylus und das Weib Agathonike, welche nach vielen herrlichen Bekenntnissen ein ruhmreiches Ende gefunden haben.14
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Martyr. Polyc. 1. ↩
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Ebd. 2—7. ↩
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Martyr. Polyc. 8—19. ↩
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Der „große Sabbat“ war nach Martyr. Polyc. 21 am 2. Xanthicus, kann also nicht der Karsamstag gewesen sein. Nach C. H. Turner, „The day and year of St. Polycarps martyrdom.“ in Studia biblica et ecclesiastica 2 (1890), S. 105—155, wird der Tag des Martyriums Polykarps deshalb als „großer Sabbat“ bezeichnet, weil an diesem Tage das Purimfest der Juden stattgefunden habe. Turner verlegt daher den Todestag Polykarps auf den 22. Februar 156. Ihm folgt E. Schwartz, „Die jüdische Pascharechnung und das Martyrium Polycarps“ in Abhdlg. d. Gött. Gesellsch. d. Wiss. VIII 6, S. 125—138. Nach anderen (vgl. Bardenhewer, „Gesch. der Altkirchl. Liter. I2 1913, S. 162) starb Polykarp am 23. Februar 155. ↩
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Die Irenarchen wurden vom Statthalter der Provinz für die einzelnen Städte als Polizeipräsidenten aufgestellt und hatten für die öffentliche Ruhe Sorge zu tragen. ↩
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Die Christen bezeichneten mit κύριος nur Gott. ↩
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Vgl. Röm. 13, 1. ↩
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Der Asiarch war der Vorsitzende des oben IV 12 (S. 170) erwähnten κοινὸν τῆς Ἀσίας und als solcher Oberpriester der Provinz und Direktor der öffentlichen Spiele. ↩
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Tertullian, Scorpiace 10, nennt die Synagogen die „Brunnenstuben der Verfolgungen“ (fontes persecutionum). Vgl. A. von Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums I4 (Leipzig 1924), 64 ff. ↩
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Vgl. H. Lietzmann, „Ein liturgisches Bruchstück des zweiten Jahrhunderts“, in Zeitschr. f. wiss. Theologie 54 (1912), S. 56ff. ↩
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Der Konfektor hatte im Amphitheater den verwundeten Menschen und Tieren den Todesstoß zu geben. ↩
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Der überlieferte Text des Martyrium Polycarpi ist offenbar bereits das Produkt von Überarbeitungen, wie sich aus manchen Inkorrektheiten in der Gedankenentwicklung ergibt. Der griechische Text des ganzen Martyriums ist u. a. herausgegeben von G. Rauschen, „Florilegium patristicum“ 1. Heft (Bonn 1904), S. 39—59; von R. Knopf, „Ausgewählte Märtyrerakten“, in Krügers Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtl. Quellenschriften II 22 (Tübingen 1913), Deutsch von G. Rauschen, in „Bibl. der Kirchenväter 14, 1913). Vgl. H. Müller, „Aus der Überlieferungsgeschichte des Polykarp-Martyriums“ (Paderborn 1908); ders., „Das Martyrium Polycarpi“, in Röm. Quartalschr. f. christl. Altertumskunde 22, 1 (1908), S, 1—16; B. Sepp, „Das Martyrium Polycarpi“ (Regensburg 1911); W. Reuning, „Zur Erklärung des Polykarpmartyriums“, Diss. (Darmstadt 1917); H. Delehaye, „Les passions des martyrs et les genres littéraires (Brüssel 1921) S, 16 ff. ↩
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Des Eusebius Schrift „Sammlung der alten Martyrien“ ist verlorengegangen. Eusebius verweist darauf auch noch unten V, Vorw. U. 4. 21. ↩
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Vgl. v. Harnack, „Akten des Karpus, des Papylus und der Agathonike“, in TU 3, 4 (Leipzig 1888). Über die Martyriensammlung, in der Eusebius den Brief der Smyrnäer fand, vgl. E. Schwartz, „De Pionio et Polycarpo (Gött. Programm 1905). ↩