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Und wenn es gut dünkt, so wollen wir, um angenehmer zu werden, alle Thaten der Martyrer der Reihe nach wieder darstellen, indem wir gleichsam den anwesenden Zuschauern den Kampf vor Augen führen. Es gab eine alte Soldatenabtheilung in der benachbarten Stadt, welche den ganzen S. 436 Volksstamm gegen die Angriffe der Barbaren schützte. Diese waren in Folge einer früheren göttlichen Erscheinung mehr um den Glauben als um die Kriegskunst bekümmert. Und vielleicht ist es nicht ungeeignet, eine Glaubensthat jener Männer im Vorbeigehen zu berühren. Als sie nämlich in einen Krieg mit den Barbaren verwickelt waren und alle günstigen Plätze vom feindlichen Heere ihnen im Voraus weggenommen waren und die Feinde das Wasser in ihre Gewalt bekommen hatten und sie in die äusserste Gefahr gerathen waren, sei es durch die Unwissenheit unserer Feldherren, sei es durch eine bessere und göttlichere Heilsordnung, damit vorzugsweise auch hierin der Unterschied zwischen Christen und Nichtchristen hervorträte, so verzichteten die Edlen, da sie sich in ihrer Lage nicht zu helfen wußten und in großer Verlegenheit waren, indem sich in der Gegend keine Quelle und kein Abfluß von Wasser zeigte und große Gefahr vorhanden war, sie möchten vom Durste bewältigt den Feinden unterliegen, auf bewaffnete Hilfe und beschloßen, in der furchtbaren Lage eine in Schlacht und Kampf unüberwindliche Bundesgenossenschaft anzurufen. Denn da sie Die, welche den Glauben noch nicht angenommen hatten und für sich gesondert lebten, im Lager zurückgelassen, ahmten sie das Wunder zur Zeit des Propheten Elias nach, indem sie mit gemeinsamer vereinigter Stimme flehten, es möchte ihnen Befreiung aus ihrer verzweiflungsvollen Lage zu Theil werden. Diese flehten, und um was sie flehten, wurde sogleich zur That. Denn als sie noch auf den Knieen lagen, erschien, von einem heftigen Winde von irgend einer Seite herbeigetrieben, eine Wolke hoch über dem feindlichen Heere. Hierauf erdröhnten furchtbare Donner und zuckten flammende Blitze, und in reichlichen Strömen stürzte das Wasser herab, so daß den Gegnern die ununterbrochenen Blitze und die maßlosen Regengüsse gänzliches Verderben bereiteten, diesen aber, die mit Gebet sich gerüstet hatten, einen doppelten Dienst erwiesen, sowohl um die Gegner zu besiegen, als auch um den Durst zu stillen, indem der Abfluß der Bäche ihnen reichlichen Trank verschaffte.
S. 437 Mit diesen vereinigte sich also auch unsere Heeresabtheilung, und durch jene Erzählungen auch selbst im Glauben befestigt und in ähnlichen Thaten geübt erhoben sie sich zu einer so erhabenen Größe, daß sie durch das Übermaß der Tugend den Neid gegen sich erregten. Denn wie wir aus Dem erfahren haben, was uns jetzt aus der Geschichte des Job vorgelesen wurde, daß der Widersacher des menschlichen Lebens den Ruhm des Lebens Job’s als eine Ungerechtigkeit gegen sich selbst ansah und deßhalb seine Züchtigung verlangte,1 weil Job ihm Kummer machte, da er wahrhaft, gerecht und untadelhaft war, in gleicher Weise sah Der, welcher auf die Guten losstürzt, mit seinem bösen Auge diese großen Kämpfer und ertrug es nicht, die Sitten des Greisenalters am jugendlichen Alter zu sehen. Er sah die Blüthe der Körper mit Enthaltsamkeit geschmückt, er sah sie im Heere Gott eine Art Waffentanz aufführen, schön anzuschauen, furchtbar im Blicke, stolzer Gesinnung, er sah die Schnelligkeit der Füße, die übermäßige Kraft, das Ebenmaß der Glieder und bei allen diesen Vorzügen, die sie besitzen, die Tugend der Seele, welche den glücklichen Zustand des Körpers überstrahlt. Es schreitet auch unter ihnen neidisch einher, der auf der Erde einherschreitet.2 Er sah nicht einen wahrhaften Menschen, sondern eine göttliche Schaar von so vielen Menschen, welche alle wahrhaft, gerecht, gottesfürchtig waren; er fordert auch von diesen, daß sie seiner Willkür ausgeliefert werden. Und zuerst flüstert er dem Führer des Heeres, einem Götzendiener, ein, daß er nicht anders die Barbaren besiegen werde, ausser wenn er Die zuvor hinschlachten würde, welche den Namen Christi anbeteten. Da aber Diese durch das gute Bekenntniß schnell verrathen waren und selbst zur Vollendung im Leiden hineilten, so verschmähte es der Feind, schnell die Hinrichtung durch das Schwert zu vollstrecken, als zu menschlich, und schlug sie in eiserne Fesseln und machte damit den Anfang S. 438 der Strafe. Diesen aber galten auch die Fesseln als Schmuck und als ein für die Augen von Christen schöner und erfreulicher Anblick. Eine auserlesene Jugend in so großer Zahl, ausgezeichnet durch Schönheit, an Alter den Übrigen überlegen, wurden sie alle durch das gleiche Band an einander gefesselt wie etwa eine Krone oder eine Halskette, welche aus einer Reihe gleich großer in einander greifender Edelsteine besteht.
So beschaffen waren die Heiligen und im Glauben Vereinigten und mit Fesseln an einander Geketteten; denn indem sie alle einzeln für sich schön waren, erhöhten sie gegenseitig ihre Schönheit, wie es bei den himmlischen Wundern zu geschehen pflegt, wenn in einer heitern und schönen Nacht die Anmuth der Sterne durch ihr Zusammenwirken erhöht wird, indem jeder seinen Glanz zum gemeinsamen Schmuck des Himmels beiträgt. So beschaffen war auch der Anblick der Heiligen, in Wahrheit, wie irgendwo der Prophet Ezechiel sagt, ein Gesicht sich bewegender Fackeln.3 Es verweilt die Rede gerne bei der Schönheit der Jugend. Denn es pflegt, wie die Weisheit sagt, aus der Größe und Schönheit der Schöpfung auch die verborgene Schönheit ermessen zu werden,4 da die Reinheit der Seele aus der äusseren Erscheinung hervorleuchtete und der Mensch in seiner äusseren Erscheinung eine würdige Wohnung des Unsichtbaren war. Welch schöner Anblick war es also damals für die Betrachtenden, ― ein schöner nämlich für Die, welche die Schönheit sehen wollen, ein schöner für die Engel, ein schöner für die überirdischen Mächte, ein bitterer aber für die bösen Geister und alle Menschen, welche den bösen Geistern dienen, wenn es anders Menschen sind, die durch ihre großartige Natur so hoch sich erheben ―: Soldaten Christi, Waffenträger des heiligen Geistes, Vorkämpfer des Glaubens, Thürme der göttlichen Stadt, die jede Strafe S. 439 und Peinigung, jede Aufregung der Furcht, jede Drohung wie kindischen Unverstand verspotteten, gleich als wenn sie nicht ihre Körper den Martern preisgäben, sondern die Schatten der Körper, Männer, die im Fleische das Fleisch bezwangen und bei ihrer Todesverachtung sich über jede Tyrannenfurcht hinwegsetzten und über menschliches Maß erhaben zeigten! O, wie sie trefflich in körperlichen Siegen sich geübt, trefflich die Kriegskunst im Kampfe gegen den Teufel angewendet, indem sie nicht die Hand mit dem Schwert bewaffnet, nicht den hölzernen Schild vorgehalten haben, nicht mit ehernem Helm und Beinschienen sich umschanzten, sondern die Waffenrüstung Gottes anlegten, die der Heerführer der Kirche, der göttliche Apostel, beschreibt: Schild, Panzer, Helm und Schwert.5 So zogen sie gegen die feindliche Macht. Es führte sie die himmlische Gnade an, die Schlachtreihen des Teufels aber Der, welcher die Macht des Todes hat. Der Ort aber, wo sie sich aufstellten, war der Gerichtshof der Blutmenschen. An diesem sammelten sie sich zum Kampfe, und die Einen kämpften mit Drohungen, die Andern setzten Geduld entgegen. Es war ihnen von den Gegnern die Wahl gelassen, den Glauben an den Herrn abzuschwören, oder mit dem Tod bestraft zu werden. Die Antwort der heldenmüthigen Kämpfer aber lautete, sie würden bis in den Tod dem Worte treu bleiben. Da war ihnen mit Feuer und Schwert und dem Abgrund gedroht worden, und was es sonst für Namen von Strafen gibt. Ein Laut wurde bei allen diesen Drohungen gehört, das Bekenntniß Christi im Munde der Heiligen. Das war die Verwundung der Gegner, diese Lanze streckten sie gegen den Feind aus. Durch diese Worte wurde der Widersacher mitten ins Herz getroffen. Das ist der Stein, den David mit seiner Hand abschleudert, der den Helm des Widersachers trifft.6 Denn das Bekenntniß Christi wird eine S. 440 Schleuder des guten Soldaten. Es fällt der Feind und verliert das Haupt.
