11.
1. Nach diesem führen sie einen andern Gott ein, [und nennen ihn] Apollon, und behaupten von ihm, daß er eifersüchtig sei und wandelbar, und bald Bogen und Köcher, bald Zither und Plektrum (?) halte, und den Menschen wahrsage, um von ihnen Lohn zu empfangen, Ja bedarf denn dieser Gott eines Lohnes? Es ist schmählich, daß man all das bei einem Gotte finden will1.
2. Und nach ihm führen sie die Artemis als Göttin ein, Apollons Schwester, und behaupten, daß sie eine Jägerin sei, Bogen und Pfeile trage und auf den Bergen umherstreife mit (ihren) Hunden, [oder] S. 41 um Hirsche und Eber zu jagen. Es ist doch schmählich, wenn ein jungfräuliches Mädchen allein auf den Bergen umherstreift und auf (wilde) Tiere Jagd macht. Drum kann Artemis unmöglich eine Göttin sein.
3. Weiter behaupten sie von Aphrodite, daß sie eine Göttin sei. Bald weile sie bei ihren2 Göttern, bald treibe sie mit Menschen Ehebruch; bald sei Ares ihr Geliebter gewesen, bald Anchises, bald Adonis [d. i. Tammûz3]. Und einmal habe sie über den Tod des Adonis geweint und geklagt4 und sei zum Hades hinabgestiegen5, um Adonis von Persephone, der Gattin6 des Hades, loszukaufen. Wenn nun Aphrodite eine Göttin ist und ihrem Geliebten in seinem Tod nicht helfen konnte, wie kann sie dann andern helfen? Es ist doch unerhört, daß die göttliche Natur zu Weinen und Klagen und Ehebruch kommt.
4. Ferner behaupten sie auch von Adonis, daß er ein Gott sei. Er sei ein Jäger und Ehebrecher. Auch soll er durch den Stoß eines Wildschweins gewaltsam getötet worden sein, ohne daß er sich selbst helfen konnte. Und wenn er sich selbst nicht helfen konnte, wie kann er dann für das Menschengeschlecht sorgen? Unmöglich kann ein Gott ein Ehebrecher oder Jäger sein oder eines gewaltsamen Todes sterben. 5. Weiter7 behaupten sie von Rhea, sie sei die Mutter8 ihrer Götter und habe einst den Attis zu ihrem Geliebten gehabt und ihre Lust an verstümmelten Männern9 Zuletzt habe sie eine Totenklage erhoben und ihren Geliebten Attis betrauert. Wenn nun ihre Göttermutter ihrem Geliebten nicht helfen und ihn S. 42 dem Tod entreißen konnte, wie kann sie dann andern helfen? Es ist also schmählich, wenn eine Göttin klagt und weint und an Verstümmelten ihre Lust hat.
6. Dann10 kommen sie noch mit der Kore11 daher und behaupten, sie sei eine Göttin. Dieselbe wurde von Pluton geraubt, ohne sich selbst helfen zu können. Wenn sie nun eine Göttin ist und sich selbst nicht helfen konnte, wie mag sie andern helfen? Eine Gottheit, die sich rauben läßt, ist schon sehr ohnmächtig. 7. All das12 haben also die Griechen, o Kaiser, über ihre Götter aufgebracht und [über sie] erdichtet und gesagt13, so daß davon die14 Menschen Anlaß nehmen, alle Frevel und Ausschweifungen zu begehen; und dadurch ist die ganze Erde verderbt worden15.
Statt „Ja – will“ G: Ja ist er denn bedürftig? Unmöglich kann ein Gott dürftig oder eifersüchtig oder ein Zitherspieler sein. ↩
d.i. der Griechen. ↩
Ursprünglich babylonischer Name des Gottes der Frühlingsvegetation. ↩
Vgl. Ez. 8,14. ↩
Vgl. die babylonische „Höllenfahrt der Istar“. ↩
S ergänzt falsch „Tochter“. ↩
- §5 G
II 3; IX 3. – Hier erscheint aber Rhea als die phrygische Kybele, die „Magna Mater“, deren Priester (Galli) sich selbst entmannten. ↩
Vgl. Justin, Apol. I 27,4; Tatian 8; Min. Fel., Oct. 22,4. ↩
- §6 G.
Justin, Apol. I 64, 1 ff. ↩
- und vieles der Art und noch weit Schändlicheres und Schlimmeres.
- das man weder nennen darf noch überhaupt im Gedächtnis behalten G.
alle S. ↩
Erde und Luft durch ihre scheußlichen Taten entweihend G. ↩
