5.
Auch sollen wir ferner beim Anbrechen der Nacht beten, auf daß wir eine vorwurfslose und von S. 133 Phantasiebildern freie Ruhe genießen; auch um diese Zeit ist nothwendig, den neunzigsten Psalm [Hebr. 91. Ps.] zu beten. Daß wir aber auch um Mitternacht beten müssen, haben uns Paulus und Silas überliefert, wie die Apostelgeschichte berichtet, indem sie sagt: „Um Mitternacht aber lobten Paulus und Silas Gott.“1 Und der Psalmist sagt: „Um Mitternacht stehe ich auf, um dich zu preisen wegen der Gerichte deiner Gerechtigkeit.“2 Ferner müssen wir der Morgenröthe zuvorkommen und zum Gebete aufstehen, damit wir nicht von dem Tage im Schlafe und Bette getroffen werden und mit David sagen können: „Meine Augen kommen der Morgenröthe zuvor, um deine Aussprüche zu betrachten.“3 Keine von diesen Zeiten dürfen die vernachläßigen, die sich entschlossen haben, sorgfältig zur Ehre Gottes und Christi zu leben. Ich halte aber dafür, daß Verschiedenheit und Abwechselung in den Gebeten und Psalmgesängen zu den bestimmten Stunden nützlich ist, schon deßhalb, weil die Seele in Folge des Einerlei oft gleichgiltig und zerstreut wird; wird aber in jeder Stunde mit dem Psalmgesange und Gebete gewechselt, so wird die Sehnsucht der Seele erneuert und die Aufmerksamkeit erfrischt.
