2.
Denn die Kräuter, welche für jede einzelne Krankheit passend sind, sind nicht von selbst aus der Erde hervorgewachsen, sondern offenbar durch den Willen des Weltschöpfers aus dem Grunde hervorgebracht, daß sie uns nützen sollen. Daher ist die natürliche Kraft in den Wurzeln und Blumen oder in den Blättern oder Früchten oder Säften, oder was von Metallen oder was aus dem Meere gefunden wird, daß es von Haus aus dem Körper zum Nutzen gereiche, der Erfindung von Speisen und Getränken ähnlich. Was aber überflüssig und unnütz erdacht worden und viele Mühe macht und gleichsam unser ganzes Leben der Sorge für das Fleisch zuwendet, Das müssen die Christen vermeiden und sich bestreben, in die Kunst, wenn es einmal nöthig ist, sie zu gebrauchen, nicht jede Ursache von Gesundheit oder Krankheit zu setzen, sondern gleichsam zur Ehre Gottes und zum Vorbilde, wie sie für die Seelen zu sorgen haben, von ihren Heilmitteln Gebrauch zu machen. In Ermangelung ärztlicher Hilfe müssen wir nicht alle Hoffnung auf Linderung des Übels in jene Kunst setzen, sondern wissen, daß der Herr uns entweder nicht über unsere Kräfte versucht werden läßt,1 oder wie er einst Koth machte, damit die Augen bestrich und im Teiche Siloe sich zu waschen befahl,2 bald sich aber auch mit dem bloßen Willen begnügte und sagte: „Ich will, sei gereinigt!“3 Einige aber ließ er auch in den Drangsalen kämpfen, um sie durch die Versuchung bewährter zu machen. So verfährt er auch mit uns, bald sichtbarer, bald unsichtbarer Weise, je nachdem er es für unsere Seelen zuträglich findet, und gefällt es ihm, daß wir uns bei unsern S. 157 Krankheiten materieller Hilfsmittel bedienen, so verzögert er die Heilung, um die Erinnerung an die Wohlthat fester einzuprägen oder auch um uns eine Andeutung zu geben, wie ich sagte, die Sorge für die Seele nicht zu vernachlässigen. Denn wie für den Körper nothwendig ist, daß das Fremdartige entfernt und das Mangelnde zugeführt wird, ebenso muß auch bei unserer Seele das Fremdartige entfernt und das Naturgemäße aufgenommen werden. Denn Gott hat den Menschen recht gemacht und uns zu guten Werken geschaffen, in denen wir wandeln sollen.
