5.
Welcher Gewinn kann daher für solche Leute aus der Heilkunde entspringen und nicht vielmehr Gefahr, die aus Sorgfalt für ihren Leib von der rechten Lehre abweichen? Diejenigen, die durch ein schlechtes Leben sich die Krankheit zugezogen haben, sollen die Heilung des Körpers sich zum Beispiel nehmen für die Pflege der Seele, wie früher gesagt worden. Denn die Enthaltung von dem Schädlichen, die Auswahl des Nützlichen und die Beobachtung der Vorschriften, wie die Arzneikunde vorschreibt, ist auch für uns von Nutzen. Auch selbst der Übergang des Leibes aus dem kranken in den gesunden Zustand soll ein Trost für uns sein, damit wir an der Seele nicht verzweifeln, als könne sie aus den Sünden nicht durch Buße in ihren früheren natürlichen Zustand zurückkehren. Daher ist die Arzneikunst weder gänzlich zu fliehen noch auf sie alle Hoffnung zu setzen. Im Gegentheil, wie wir das Feld bauen, Gott aber um die Früchte bitten, und wie wir dem Steuermann das Ruder anvertrauen, Gott aber um Errettung aus dem Meere anflehen; ebenso sollen wir auch, wenn die Vernunft räth, einen Arzt zu rufen, die Hoffnung auf Gott nicht aufgeben. Mir scheint auch die Arzneikunst sehr viel zur Mäßigkeit beizutragen. Denn ich sehe, S. 161 sie beschränkt die Schwelgerei, tadelt die Völlerei, entfernt die Mannigfaltigkeit der Speisen und den zu großen Aufwand von Gewürzen als unzuträglich und nennt die Genügsamkeit eine Mutter der Gesundheit, so daß uns auch in dieser Beziehung ihr Rath nicht unnütz ist. Mögen wir uns also der Vorschriften der Heilkunde bedienen oder sie aus den angeführten Gründen abweisen, immer müssen wir den Zweck im Auge behalten, Gott zu gefallen, der Seele zu nützen und das Gebot des Apostels zu erfüllen, der da sagt: „Ihr möget also essen oder trinken oder etwas Anderes thun, thut Alles zur Ehre Gottes!“1
I. Kor. 10, 31. ↩
