27. Kap. Die Sekte der Ebionäer.
Da der böse Dämon die Lehre von der Gottheit Christi nicht untergraben konnte, ersann er neue Mittel S. 136 und gewann damit noch andere für sich. Die Alten nannten sie, da sie armselig und niedrig über Christus lehrten, Ebionäer,1 Diese hielten Christus für einen gewöhnlichen Menschen, der nur kraft seines hervorragenden sittlichen Lebenswandels gerecht geworden, und glaubten, er wäre durch die Gemeinschaft eines Mannes mit Maria erzeugt worden. Die Beobachtung des Gesetzes erachteten sie für durchaus notwendig, gerade als ob sie nicht allein durch den Glauben an Christus und auf Grund eines glaubensgemäßen Lebens selig wurden. Eine andere Richtung unter den Ebionäern vermied zwar den erwähnten seltsamen Unsinn, sofern sie die Geburt des Herrn aus der Jungfrau und dem Heiligen Geiste nicht leugnete; allein auch sie wollte nicht zugeben, daß er als Gott, Logos und Weisheit präexistierte, wodurch sie gleich jenen in Gottlosigkeit verfiel, zumal auch sie für die fleischliche Gesetzesbeobachtung eintrat. Sie meinte, man müsse die Briefe des Apostels, von dem sie erklärte, er sei vom Gesetze abgefallen, vollständig verwerfen. Nur das sog. Hebräerevangelium benützte sie, den übrigen Schriften aber legte sie geringen Wert bei. Den Sabbat und die sonstigen jüdischen Bräuche beobachtete diese Richtung gleich den anderen, doch feierte sie auch gleich uns den Tag des Herrn zur Erinnerung an die Auferstehung des Erlösers. Wegen solcher Lehren erhielten diese Richtungen den erwähnten Namen; denn das Wort Ebionäer deutet ihre geistige Armut an. Die Hebräer bezeichneten nämlich mit diesem Worte einen armen Menschen.
-
Das hebräische Wort Ebionim heißt: die Armen. Die Erklärung, welche Eusebius davon gibt, ist eine Erfindung der christlichen Polemik. ↩