8.
In einem Kloster nahe bei Emesa forschten zwei Väter und sannen darüber nach, weswegen wohl der Häretiker Origenes zu Fall gekommen sei, den doch Gott mit soviel Einsicht und Weisheit begabt hatte. Der eine meinte, seine Einsicht sei nicht von Gott gewesen, sondern natürliche Begabung: er habe rechten Verstand gehabt und ihn durch das Lesen der heiligen Schrift und das Studium der Väter geschärft, und habe so vorbereitet sich an das Schreiben seiner Bücher gemacht. Der andere wandte dawider ein, es könne niemand aus natürlicher Begabung Worte reden, wie er sie gelehrt habe, namentlich in seiner Bibelausgabe, der Hexapla: darum halte die katholische Kirche ja bis zum heutigen Tage an diesem Buche als einem unentbehrlichen fest. Und so stritten sie hin und wider und konnten nicht zusammenkommen, bis schließlich der eine dem andern vorschlug: Durch die Pilger, die von den heiligen Stätten heimkehren, haben wir vernommen, daß die Wüste am Jordan große Asketen beherbergt: wohlan, laß die uns belehren! Und als sie zu den heiligen Stätten gekommen waren und ihr Gebet verrichtet hatten, gelangten sie auch zu der Wüste am Toten Meer, in die sich einst Johannes und Symeon zurückgezogen hatten. Und da Gott ihre Mühe nicht umsonst sein lassen wollte, fanden sie den Abbas Johannes, der auch schon zum Gipfel der Vollendung gekommen war. Denn S. 70 als er sie sah, rief er sofort: Da kommen sie gerade zurecht, die das Meer verließen, um am trockenen Strande zu schöpfen! Und als sie lange erbaulich miteinander geredet hatten, nannten sie den Zweck ihrer Reise. Doch er gab zur Antwort: Ihr Väter, ich habe die Gabe, Gottes Urteile zu durchschauen, noch nicht erhalten, aber geht zum Narren Symeon in eurem Lande, der kann auch dies und alles, was ihr wollt, auflösen. Sagt ihm: Bete auch für Johannes, daß der auch die zehn Pfunde des Evangeliums gewinnt Matth 25, 16. Und als sie nun nach Emesa kamen und fragten: Wo ist hier der Narr, der Symeon heißt? da lachten alle sie aus und riefen: Was wollt ihr von dem, ihr Väter? Das ist ein verrückter Mensch, der alle schlägt und verhöhnt, und besonders die Mönche. Sie suchten aber weiter und fanden ihn bei einem Budiker, als er gerade Bohnen hinunterschlang wie ein Bär. Das gab dem einen Ärgernis und er dachte bei sich: Wahrhaftig, da sind wir zu einem großen Gelehrten gekommen, der wird uns viel zu sagen haben. Sie traten näher und grüßten ihn: Segne uns! Er gab zur Antwort: Zur Unzeit seid ihr gekommen, und der euch schickte, war ein Narr! Und dann packte er den einen, welcher Ärgernis genommen, am Ohr und gab ihm eine solche Ohrfeige, daß man es noch drei Tage sehen konnte und rief: Was habt ihr an den Bohnen auszusetzen? Vierzig Tage lang hat’s welche geregnet, aber Origenes hat keine gegessen, denn er war aufs Meer hinausgefahren und konnte nicht wieder heim, und da ist er im Abgrund ersoffen! Und als sie noch starr waren, daß er ihnen alles voraus sagte, fuhr er fort: Die zehn Pfunde will der Narr? Er ist verrückt wie ihr! Jawohl, jawohl! Nun macht, daß ihr fortkommt! und er packte den Kessel mit kochender Limonade und goß sie den beiden über den Mund, damit sie nicht ausplaudern könnten, was er ihnen gefagt hatte.
