28.
1 Vielleicht wundert sich jemand, daß die Nahrung für das Tier früher denn die Speise für den Menschen erschaffen wurde. Fürs erste nun müssen wir hierin die Tiefe Gottes2 beachten, die selbst des Kleinsten nicht vergißt. So spricht im Evangelium die Weisheit Gottes: „Sehet auf die Vögel des Himmels: sie säen nicht und ernten nicht und sammeln nicht in die Scheuern, und euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht mehr als sie?“3 Danken nämlich diese Gottes Huld ihre Nahrung, dann darf niemand auf seinen Fleiß und seine Tüchtigkeit sich etwas einbilden. Fürs zweite sollte er der einfachen Lebensweise und der S. 94 Natur-Kost vor jeder anderen den Vorzug geben; denn sie ist die Speise der Mäßigkeit, jene andere die der Genußsucht und Völlerei; sie ist die allen lebenden Wesen gemeinsame Speise, jene die von wenigen. Ein Fingerzeig zur Genügsamkeit also, eine lehrreiche Mahnung zu karger Lebensweise liegt hierin: alle sollen sich mit der Kost aus einfachen Planzen und gewöhnlichem Gemüse oder Obst begnügen, wie sie die Natur darbietet, wie sie Gottes Freigebigkeit als Erstlingsspeise darreichte. Jene gesunde, jene zuträgliche Kost ist’s, die den Krankheiten wehrt, die Verdauungsbeschwerden hintanhält, nicht das Erzeugnis menschlicher Arbeit, sondern Ausfluß göttlichen Wohltuns ist: ein Erntesegen ohne Aussaat, eine Frucht ohne Samen, so süß und wohlschmeckend, daß sie selbst dem Satten noch mundet und frommt; so blieb sie denn, ursprünglich als Hauptmahlzeit zugedacht, wenigstens noch für den Nachtisch aufbewahrt.
