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Weil wir gerade auf die Hinterlist zu sprechen kamen, mit der ein jeder seinen Bruder zu täuschen und hintergehen trachtet, um auf neuen Trug zu sinnen, ihn, den er mit Gewalt nicht fassen kann, mit List S. 183 zu umgarnen und gleichsam mit einem Trick zu betören, will ich das bekannte Verstellungsvermögen des Tintenfisches nicht unerwähnt lassen. Errreicht nämlich derselbe am seichten Gestade eine Felsenbank, so klammert er sich daran fest, nimmt durch ein rätselhaftes Anpassungsvermögen [Mimikry] dessen Farbe und am Rücken felsenähnlich Gestalt an. Ohne die geringste Ahnung des Truges gleiten nun die Fischlein, indem sie sich vor den ihnen gewohnten Stellen nicht in acht nehmen und Felsengestein vermuten, heran, da schließt der Polyp sie in das Fangnetz seiner Verstellungskunst und sperrt sie gewissermaßen in den Behälter seines Leibes ein. So kommt von selbst die Beute heran und läßt sich durch ähnliche Vorspiegelungen in die Falle locken, wie sie jene belieben, die häufig in der Gesinnung die Farbe wechseln und verschiedene verfängliche Machinationen anwenden, um Geist und Sinn eines jeden zu ködern: in Mitte von Enthaltsamen voll des Lobes auf die Enthaltsamkeit, in Gesellschaft von Unenthaltsamen weit entfernt vom Streben nach Keuschheit und versunken in Schlamm der Unenthaltsamkeit. Wer sie folglich mit unachtsamer Leichtfertigkeit hört oder sieht, traut ihnen und kommt umso rascher zu Fall. Er weiß dem, was sein Verderben ist, nicht aus dem Weg zu gehen und sich davor zu hüten, während doch die Ruchlosigkeit doppelt gefährlich und verderblich ist, wenn sie sich in die Maske der Leutseligkeit hüllt. Auf der Hut darum vor jenen, welche die Fangnetze und Fangarme ihres Truges weit und breit ausstrecken und alle möglichen Farben annehmen! Denn Polypen sind sie. Über tausend Schlingen und Schliche verfügt ihr verschlagener Sinn, um wo möglich alles, was sich in die Klippen ihres Truges verirrt, zu umgarnen.
