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Wie ist doch, ihr Juden, euer Wissen so unwissend und euere Gelehrsamkeit so ungelehrt! Auf die Frage, wo Christus geboren werden sollte1 , antwortet ihr der Wahrheit gemäß und aus dem Gedächtnisse so, wie ihr es gelesen habt: „Zu Bethlehem im Stamme Juda; denn S. 151also steht geschrieben durch den Propheten: Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist nicht die geringste unter den Fürsten-städten Judas; denn aus dir wird hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren soll“2 . Die Geburt dieses Fürsten wurde den Hirten durch die Engel3 und euch durch die Hirten4 verkündet. Von der Geburt dieses Fürsten erfuhren die Heidenvölker des fernen Ostens durch den ungewöhnlichen Glanz des neu erschienenen Sternes. Und damit sie nicht über den Ort im Zweifel wären, wo der König zur Welt kam, verriet ihnen euere Kenntnis, worüber sie der Stern im Unklaren ließ. Warum versperrt ihr euch den Weg, den ihr andern erschließt? Warum bleibt ihr in euerem Unglauben darüber im Zweifel, worüber euere Antwort so deutlich Auskunft gibt? Die Stätte seiner Geburt weist ihr aus den Worten der Schrift nach, und daß die Zeit gekommen ist, erseht ihr aus dem Zeugnisse des Himmels und der Erde. Und doch verhärtet sich bei dem euer Sinn bis zur Ungläubigkeit, bei dem des Herodes Herz nach Verfolgung lechzte. Glücklicher ist also die Unwissenheit der Kinder, die der Verfolger töten ließ, als euer Wissen, an das dieser sich in seiner Bestürzung wandte5 . Ihr wolltet nicht das Reich desjenigen empfangen, dessen Geburtsstadt ihr zeigen konntet. Sie dagegen konnten für den sterben den sie noch nicht zu bekennen vermochten. Gerade hierin zeigte Christus, bevor er noch des Gebrauches der Sprache mächtig war, auch ohne zu reden , die ihm als „Wort Gottes“ eigene Kraft. Sollte doch keine Zeit6 ohne Wunderwerke bleiben. Und gleich als ob er schon damals gesagt hätte: „Lasset die Kleinen zu mir kommen; denn solcher ist das Himmelreich!“7 verlieh er jenen Kindern eine ungewöhnliche Ruhmeskrone und heiligte er in seiner Kindheit die ersten Lebenstage dieser Kleinen. Daraus S. 152soll man erkennen, daß niemand unter den Menschen für Gottes geheimnisvolle Gnade ungeeignet ist, wenn sogar schon jene Altersstufe die Palme des Martyriums erreichen konnte.
