4.
S. 173Inzwischen aber waltet über allen beständig Gottes Güte. Niemand versagt er sein Erbarmen, indem er unterschiedslos einem jeden zahlreiche Gaben spendet1 und jene, die er verdientermaßen strafen könnte, lieber durch Wohltaten an sich ziehen will. Durch diesen Aufschub der Vergeltung gibt er dem Menschen Gelegenheit zur Buße. Aber dennoch läßt sich nicht behaupten, daß der straflos sei, der sich nicht bekehren will. Denn der Verstockte und Undankbare ist sich selbst zur Qual und hat schon durch seine Gewissensbisse zu erleiden, was durch Gottes Langmut noch verschoben wird. Darum mögen die Sünder nicht so ihren Lastern frönen, daß sie das Ende eines solchen Lebens bei ihren Handlungen überrascht; denn in der Hölle hat jede Besserung aufgehört. Auch fehlt dort jedes Mittel, Gott zu versöhnen, da es dort keine Betätigung des freien Willens mehr gibt. So sagt der Prophet David: „Denn im Tode ist niemand, der deiner gedenkt. Wer aber wird dich in der Hölle bekennen?“2 . Fliehen wird deshalb schädliche Vergnügungen, verderbliche Freuden und Neigungen, die uns jeden Augenblick zugrunde richten können! Welchen Nutzen oder Vorteil sollte es bringen, unablässig seine Gedanken auf Dinge zu richten, die wir verlassen müssen, selbst wenn sie uns nicht verlassen wollten? Unsere Liebe, die an Vergänglichem hing, wende sich von nun an Gütern zu, die ewig währen! Und unsere Seele, die zu Erhabenem berufen ist, finde ihre Wonne nur in dem, was zum Himmel führt! Schließet innige Freundschaft mit den heiligen Engeln! Tretet ein in das Reich Gottes, das uns als Wohnstätte verheißen ist! Gesellt euch zu den Patriarchen, Propheten, Aposteln und Märtyrern! Ihre Freude sei auch die unsrige! Verlangt nach den Schätzen, die diese besitzen, und erwerbt euch durch löbliche Nacheiferung ihre Fürbitte! Werden wir ja mit denen die Würde teilen, deren Frömmigkeit wir uns zu eigen machten. „Verherrlichet also Gott in euerem Leibe“3 , solange ihr noch Zeit habt, seine Gebote zu erfüllen! „Leuchtet, S. 174Geliebteste, wie Gestirne in dieser Welt!“4 . Stets mögen die Leuchten eueres Geistes brennen und alle Finsternis aus euerem Herzen weichen!5 . In diesem Sinne sagt der Apostel: „Ihr waret einst Finsternis, nun aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt als Kinder des Lichtes!“6 . Es erfülle sich an euch, was im Vorbilde in den drei Magiern angedeutet war! „So leuchte euer Licht vor den Menschen, daß sie euere guten Werke sehen und eueren Vater preisen, der im Himmel ist!“7 . Wie wir nämlich eine große Sünde auf uns laden, wenn unter den Heiden um schlechter Christen willen der Name des Herrn gelästert wird, so erwirbt sich auch unsere Frömmigkeit ein großes Verdienst, wenn man infolge des heiligen Lebenswandels seiner Diener den preist, dem Ehre und Herrlichkeit eigen ist in Ewigkeit. Amen.
