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Um also diese Fessel der Sünde und des Todes zu lösen, nahm der allmächtige Sohn Gottes, der alles erfüllt und alles in sich schließt, der in allem dem Vater ebenbürtig ist und in ein und derselben Wesenheit aus ihm und mit ihm gleich ewig ist, die menschliche Natur in sich auf. Es würdigte sich der Schöpfer und Herr aller Dinge, einer der Sterblichen zu werden, indem er sich jene zur Mutter erkor, die er erschaffen hatte. Diese sollte unter Wahrung ihrer jungfräulichen Keuschheit nur die Geberin seines Leibes sein, auf daß die Befleckung durch menschlichen Samen wegfiele und so der neue Mensch rein und wahr zugleich wäre. So ist also diese Natur in Christus, der aus dem Schoße einer Jungfrau geboren wurde, nicht etwa deshalb von uns verschieden, weil seine Geburt ein Wunder ist. Ist ja doch derjenige, der wahrer Gott ist, zugleich auch wahrer Mensch; findet sich doch in beiden Naturen nicht das geringste Falsche . „Das Wort ist Fleisch geworden“1 , indem das Fleisch geehrt, nicht aber die Gottheit selbst versehrt wurde. Diese brachte ihre Macht und Güte in der Weise S. 97in Einklang, daß sie das Unsrige durch seine Annahme auf eine höhere Stufe hob und das Ihrige nicht dadurch preisgab, daß sie daran Anteil gewährte. Bei dieser Geburt Christi „entsprang“, gemäß der Prophezeiung Davids, „die Wahrheit aus der Erde und schaute die Gerechtigkeit vom Himmel herab“2 . Bei dieser Geburt ging auch das Wort des Isaias in Erfüllung, der da ausruft: „Die Erde bringe uns den Heiland und lasse ihn hervorsprießen, und Gerechtigkeit entspringe zugleich!“3 . Brachte doch die Erde des menschliches Fleisches, die in dem ersten Übertreter4 verflucht worden war,nur damals als die selige Jungfrau gebar, einen gesegneten, von der Stammessünde freien Sproß hervor. Einem jeden wird solch geistige Geburt zuteil, wenn er wiedergeboren wird. Und für jeden Menschen, der die Wiedergeburt erlangt, ist das Wasser der Taufe gleich jenem jungfräulichen Schoße, da derselbe Heilige Geist, der die Jungfrau befruchtete, auch den Taufquell wirksam mache, so daß die Sünde, welche dort durch heilige Empfängnis ferngehalten wurde, hier durch mystische Reinigung getilgt wird.
