Kap. 5. Nicht nur die leibliche Keuschheit hat die Jungfrau zu bewahren, sondern sie muß sich auch von Putzsucht und Eitelkeit freihalten, damit ihr Stand schon äußerlich erkennbar ist.
Wenn nun aber die Enthaltsamkeit Christus nachfolgt und die Jungfräulichkeit für das Reich Gottes bestimmt ist, was haben dann solche Jungfrauen mit irdischem Putz und Schmuck zu tun? Sie beleidigen S. 66 mit ihm nur Gott, indem sie den Menschen damit zu gefallen suchen, ohne zu bedenken, daß vorhergesagt ist: „Die den Menschen gefallen, sind zuschanden geworden, denn Gott hat sie zunichte gemacht"1 . Auch Paulus spricht das ruhmvolle und erhabene Wort: „Würde ich den Menschen gefallen, so wäre ich kein Knecht Christi"2 . Die Enthaltsamkeit und Keuschheit aber besteht nicht bloß in der Reinheit des Fleisches, sondern auch in der Ehrbarkeit und zugleich Züchtigkeit in Kleidung und Schmuck, damit nach dem Apostel sie, die Unvermählte, dem Leibe wie dem Geiste nach heilig sei3 . Paulus lehrt und sagt: „Der Ehelose denkt an das, was des Herrn ist, wie er Gott gefalle; wer aber eine Ehe geschlossen hat, denkt an das, was dieser Welt ist, wie er der Gattin gefalle. So denkt auch das unvermählte Weib und die Jungfrau an das, was des Herrn ist, daß sie heilig sei sowohl am Leibe als auch am Geiste"4 . Eine Jungfrau muß sie nicht nur sein, sondern man muß dies auch erkennen und glauben. Keiner soll, wenn er eine Jungfrau sieht, im Zweifel sein, ob sie auch wirklich eine Jungfrau ist. Gleichmäßig möge sich die Unbeflecktheit in allem zeigen, und der Putz des Körpers soll nicht ihren inneren Wert beeinträchtigen. Wozu kommt sie geschmückt, wozu geputzt daher, wie wenn sie einen Gatten hätte oder suchte? Fürchten soll sie sich vielmehr davor, zu gefallen, wenn sie eine Jungfrau ist, und sich nicht selbst in Gefahr stürzen, sie, die für Besseres, für Göttliches sich bewahrt. Sie, die keinen Mann hat, dem zu gefallen sie etwa vorgeben könnte, muß nicht nur leiblich, sondern auch geistig rein und unbefleckt bleiben. Denn eine Jungfrau darf nicht ihre äußere Erscheinung durch Putz heben oder sich des Fleisches und seiner Schönheit rühmen; gegen nichts hat sie ja heißer zu ringen als gegen das Fleisch, und es kostet sie einen hartnäckigen Kampf, um den Leib zu besiegen und zu bezwingen.
