• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Thomas von Aquin (1225-1274) Summa Theologiae Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 9

Erster Artikel. Christus hatte noch andere Arten Wissen wie das rein göttliche.

a) Nur Wissen als göttliches war in Christo. Denn: I. Dazu ist das Wissen erforderlich, damit man entsprechend erkenne.
Christus aber als Gott erkannte Alles. Also war jede andere Art Wissen
in Ihm überflüssig. II. Das größere Licht verdunkelt das kleinere. Das göttliche Wissen
aber ist das große Licht; alles andere Wissen ist ihm gegenüber ein geringes
Licht. Also erglänzte in Christo kein anderes Wissen wie das göttliche. III. Die Einigung zwischen der göttlichen und menschlichen Natur in
Christo ist gemacht worden in der Person. Nun nehmen manche eine sogenannte „Wissenschaft der Einigung“ an, wonach Christus Alles, was zum
Geheimnisse der Menschwerdung gehört, vollendeter wußte wie jeder andere.
Da nun die persönliche Einigung zwei Naturen in sich enthält, so scheint
es, daß in Christo nicht zwei Arten Wissenschaft gewesen sind, sondern eine
einzige, die zwei Naturen umfassend. Auf der anderen Seite schreibt Ambrosius (de incarn. 7.): „Gott im Fleische hat die Vollkommenheiten der menschlichen Natur angenommen; er nahm den Sinn des Menschen an, aber nicht den aufgeblasenen Fleischessinn.“ Zum „Sinne des Menschen“ gehört nun die geschaffene Wissenschaft. Also war in Christo geschaffene Wissenschaft.

b) Ich antworte, der Sohn Gottes habe die vollständige menschliche Natur angenommen d. h. den Leib und die Seele, den sinnlichen Teil und den vernünftigen. Danach mußte Er ein geschaffenes Wissen haben wegen dreierlei: 1. Wegen der Vollendung der Seele. Denn die Seele an sich ist im bestimmbaren Vermögen mit Rücksicht auf alles vernünftig Erkennbare; sie ist nämlich thatsächlich wie eine Tafel, auf der nichts geschrieben steht (3. de anima); und doch kann auf ihr geschrieben werden, insoweit die „mögliche“ Vernunft Alles dem Erkennen nach werden kann. Was aber nur im Zustande des Vermögens ist, das ist unvollendet. Und da es unzulässig war, daß Christus, durch den die ganze menschliche Natur zum Vollendeten hingeführt werden sollte, selber eine unvollendete menschliche Natur annahm, so mußte die Seele Christi durch die ihr eigene Vollendung, nämlich durch Wissenschaft, vollendet sein; sonst wäre diese Seele unvollkommener gewesen wie alle anderen menschlichen Seelen. 2. Jegliches Ding ist da, um thätig zu sein (I. de coelo). Also hätte Christus nutzlos eine vernünftige Seele gehabt, wenn Er mittels derselben nicht hätte vernünftig erkennen können; was zum geschaffenen Wissen gehört. 3. Ein gewisses Wissen ist mit der Natur der Seele selber gegeben, nämlich das, wodurch wir die ersten allgemeinen Grundprincipien erkennen; wenn wirden Begriff „Wissen“ nämlich weit nehmen für alles Erkennen. Nichts Natürliches aber fehlte Christo, weil Er die ganze menschliche Natur angenommen. Und deshalb ist im Konzil von Konstantinopel (III. 6. act. 4. in ep. Agathonis ad Imp.) verurteilt worden die Ansicht, es beständen in Christo nicht zwei Arten Wissen oder Weisheit.

c) I. Christus erkannte durch sein göttliches Wissen Alles vermittelst der ungeschaffenen Thätigkeit; denn Gottes Sein ist wesentlich Thätigkeit. Diese Thätigkeit also konnte nicht der geschaffenen Seele Christi angehören. Wenn demnach in dieser letzteren kein eigenes Wissen gewesen wäre, so hätte Er sie gründ- und zwecklos angenommen; da jedes Ding besteht wegen seiner Thätigkeit. II. Wenn zwei Leuchten derselben Art angehören, so wird durch das
größere verdunkelt das geringere; wie das Sonnenlicht verdunkelt das Kerzenlicht. Ist aber das größere Licht das erleuchtende und gehört das geringere
in das Bereich des Erleuchteten, so wird letzteres vermehrt in seinem Leuchten
durch das größere; wie das Leuchten der Luft erhöht wird durch die Mittagssonne. Und so wird das Wissen der Seele Christi vielmehr erhellt
wie verdunkelt durch das göttliche Wissen, das da ist „das wahre Licht,
welches erleuchtet jeden Menschen, der in die Welt kommt“ (Joh. 1.). III. Von seiten der beiden verbundenen Momente in Christo wird
Wissen angenommen: nämlich sowohl mit Rücksicht auf die menschliche wie
auf die göttliche Natur. Sonach wird auf Grund der einen nämlichen
Person des Gottmenschen das, was Gottes ist, dem Menschen zugeschrieben
und das, was des Menschen ist, wird Gott zugeschrieben. Jedoch von seiten
der Einigung selber kann kein eigenes Wissen in Christo angenommen werden.
Denn diese Einigung ist etwas rein Persönliches; Wissen aber kommt der
Person nur zu auf Grund einer Natur.

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Summa theologiae vergleichen
Übersetzungen dieses Werks
Summe der Theologie

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung