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Œuvres Thomas d'Aquin (1225-1274) Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 32

Dritter Artikel. Man darf den heiligen Geist nicht nennen den Vater Christi nach dem Fleische.

a) Das Gegenteil scheint wahr. Denn: I. Nach 1. de gener. animalium 2. ist der Vater bei der Zeugung
das wirkende Princip; die Mutter bietet den Stoff. Aus letzterem Grunde
aber wird Maria die Mutter Christi genannt. Also muß man den heiligen
Geist den Vater Christi nennen. II. Wie bei anderen heiligen die Seele durch den heiligen Geist
geformt wird, so ward durch den heiligen Geist geformt der Leib Christi.
Die heiligen aber werden infolge dessen genannt Söhne der heiligen Dreieinigkeit, also auch des heiligen Geistes. Somit war Christus dem Leibe
nach der Sohn des heiligen Geistes. III. Gott wird „unser Vater“ genannt, weil Er uns gemacht, nach
Deut. 32.: „Ist Er nicht dein Vater, der dich in Besitz genommen und
dich gemacht und dich geschaffen hat.“ Der heilige Geist aber hat gemacht
den Leib Christi. Also ist er danach der Vater Christi. Auf der anderen Seite erklärt Augustin (Enchir. 40.): „Christus ist geboren vom heiligen Geiste nicht als Sohn; von Maria als Sohn.“

b) Ich antworte, die Namen „Vater“, „Mutter“, „Sohn“ begleiten die Zeugung; nicht aber jegliche Erzeugung, sondern im eigentlichen Sinne die Erzeugung der lebenden Wesen und vorzugsweise der sinnbegabten. Nicht nämlich sagen wir, das vom Feuer erzeugte Feuer sei der Sohn des erzeugenden, außer etwa in bildlicher Ausdrucksweise; weil da keine vollendete Zeugung ist. Aber auch nicht Alles, was in den sinnbegabten Wesen erzeugt wird, heißt Sohn oder Kind; sondern nur was gezeugt wird gemäß der Gattungseinheit mit dem zeugenden. Deshalb sagt Augustin (Enchir. 39.), nicht das Haar, welches vom Menschen erzeugt wird, sei ein Kind des Menschen; und nicht sei der Mensch, der gezeugt wird, ein Sohn des Samens. Denn weder hat das erzeugte Haar die nämliche Gattung in seinem Wesen wie der Mensch, noch steht der Mensch der Gattung nach auf derselben Stufe wie der zeugende Same; sondern er kommt in der Gattung überein mit dem zeugenden Menschen. Und wenn die Ähnlichkeit oder Einheit eine vollendete ist, so besteht da vollendete Kindschaft wie bei Gott oder auch beim Menschen; ist die Ähnlichkeit eine unvollkommene, so ist da eineunvollkommene Kindschaft, wie im Menschen eine unvollkommene Ähnlichkeit besteht mit Gott, insoweit Er geschaffen ist nach dem Ebenbilde Gottes und wiedergeboren nach der Ähnlichkeit der Gnade. Und somit kann auf Grund der Natur und auf Grund der Gnade der Mensch als Kind Gottes betrachtet werden. Nun ist wohl zu beachten, daß Jenes, was über einen unter dem Gesichtspunkte des Vollendeten ausgesagt wird, über diesen nämlichen nicht ausgesagt werden darf unter dem Gesichtspunkte des Unvollkommenen. So z. B. wird über Sokrates, weil er in Wahrheit und unter dem Gesichtspunkte des Vollendeten der Gattung nach ein Mensch ist, niemals das Menschsein ausgesagt gemäß einer Bedeutung, nach der man ein Porträt als „Mensch“ bezeichnet; wenn auch Sokrates einem anderen Menschen ähnlich ist. Da also nun Christus Sohn Gottes ist gemäß der vollendeten Natur der Kindschaft; so darf Er, obgleich nach der menschlichen Natur geschaffen und geheiligt, niemals Sohn Gottes genannt werden auf Grund der Erschaffung oder auf Grund der Heiligung, sondern nur auf Grund der ewigen Zeugung, wonach Er der Sohn des Vaters allein ist. Also in keinerlei Weise darf Christus genannt werden „Sohn des heiligen Geistes“ oder „Sohn der ganzen Dreieinigkeit“.

c) I. Christus ist von der Jungfrau Maria empfangen worden, insoweit sie den Stoff bot für die Ähnlichkeit in der Gattung; und deshalb heißt Er ihr Sohn. Vom heiligen Geiste aber ist Christus als Mensch empfangen worden als von dem wirksam formenden Princip; nicht jedoch gemäß der Ähnlichkeit in der Gattung, wie der Mensch von seinem Vater herstammt. Und deshalb kann Christus nicht Sohn des heiligen Geistes genannt werden. II. Die Menschen, die dem Geiste nach Kinder Gottes werden, heißen
nicht so gemäß dem Charakter der vollendeten Kindschaft. Also sind sie
Kinder Gottes gemäß der unvollkommenen Kindschaft, die da ist nach
der Ähnlichkeit der Gnade; und diese letztere kommt von der ganzen Dreieinigkeit. Dies kann aber nicht auf Christum Anwendung finden, der da
den Charakter der Kindschaft Gott dem Vater gegenüber in durchaus vollendeter Weise trägt. III. Damit beantwortet.

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