Sechster Artikel. Die von Johannes getauften mußten spater von neuem durch die Taufe Christi getauft werden.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Johannes war größer als die Apostel, nach Matth. 11, 2. Die aber von den Aposteln getauft worden waren, wurden nicht wiedergetauft, sondern nur wurden ihnen noch die Hände aufgelegt, wie aus Act. 8, 16. hervorgeht, wo von Philippus „einige im Namen Jesu getauft worden waren und dann Petrus und Johannes, also die Apostel ihnen die Hände auflegten“. II. Aus den Aposteln waren manche von Johannes getauft. Diese wurden aber, wie es scheint, nicht wiedergetauft; denn nach Joh. 4, 2. taufte Jesus nicht, sondern seine Jünger. III. Minder ist, der getauft wird, wie jener, der tauft. Man liest aber nicht, daß Johannes selber von Christo noch einmal getauft worden sei; also noch weniger wurden die von Johannes getauften noch einmal getauft mit der Taufe Christi. IV. Act. 19. wird erzählt, wie Paulus einige fand, die da nur die Taufe des Johannes empfangen hatten und die nicht wußten, ob es einen heiligen Geist gebe. Diese wurden getauft „im Namen Jesu Christi unseres Herrn“. Also nur deshalb empfingen sie noch die Taufe Christi, weil sie vom heiligen Geiste nichts wußten, wie Hieronymus sagt zu Joel 3., in ep. 83. ad Ocean. c. 3.; und Ambrosius (1. de Spir. s. 3.). Unter den von Johannes getauften aber waren viele, welche gut wußten das Geheimnis der Dreieinigkeit. Also war da die Taufe Christi nicht mehr nötig. V. Zu Röm. 10. sagt Augustin (tract. 80. in Joan.): „Woher anders kommt diese so große Kraft des Wassers, daß es den Körper berührt und die Seele abwäscht, als weil das Wort dies macht; nicht weil es gesprochen, sondern weil es geglaubt wird?“ Also hängt die Wirkung und das Wesen der Taufe Christi vom Glauben ab. Nun war die Taufe des Johannes ihrem ganzen Wesenscharakter nach ein Zeichen des Glaubens Christi, in welchem wir getauft werden, wie Paulus sagt (Act. 19.): „Johannes taufte mit der Taufe der Buße das Volk, sagend, mit Rücksicht auf den, der kommen wird nach ihm, damit sie glaubten nämlich an diesen d. h. an Jesum.“ Also bedürfte es für die von Johannes getauften keiner weiteren Taufe. Auf der anderen Seite sagt Augustin (sup. Joan. tract. 5.): ,.Die getauft worden waren mit der Taufe des Johannes, mußten noch zudem getauft werden mit der Taufe Christi.“
b) Ich antworte, nach Lombardus (4. Snt. dist. 2.) seien jene, welche die Taufe des Johannes empfangen hatten, ohne zu wissen, daß es einen heiligen Geist gebe, die demnach ihre Hoffnung setzten auf die Taufe des heiligen Johannes, später mit der Taufe Christi noch getauft worden; — die aber im Glauben an den Vater, den Sohn und den heiligen Geist ihre Hoffnung nicht setzten auf die Taufe des Johannes, seien nachher nicht von den Aposteln getauft worden, sondern man habe ihnen einfach durch Händeauflegen den heiligen Geist gegeben. Der erste Teil nun von dieser Ansicht ist wahr und wird durch viele Autoritäten bekräftigt; der zweite Teil aber ist durchaus gegen alle Vernunft. Denn die Taufe des Johannes verlieh keine Gnade noch prägte sie einen Charakter ein; sie war nur und einfach im Wasser vollzogen, wie er selbst sagt (Matth. 3.). Also konnte der Glaube und die Hoffnung des getauften diesen Mangel nicht ersetzen. Sodann muß, wenn bei der Spendung eines Sakramentes etwas ausgelassen worden ist, was mit innerer Notwendigkeit zum betreffenden Sakramente gehört, nicht dies nachgeholt sondern das Sakrament durchaus von neuem gespendet werden. Nun ist es notwendig zur Taufe Christi, daß sie im Wasser geschehe und im heiligen Geiste, nachJoh. 3.: „Wer nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und dem heiligen Geiste, kann nicht in das Himmelreich eintreten.“ Also war bei denen, die von Johannes getauft worden waren, nicht nur nachzuholen das Händeauflegen (damit sie den heiligen Geist empfingen), sondern sie mußten die Taufe Christi erst im Wasser und im heiligen Geiste empfangen.
c) I. Wie Augustin sagt (l. c.): „Deshalb wurde der von Johannes getaufte noch einmal getauft, weil Johannes nicht die Taufe Christi gab, sondern die seinige. Die Apostel aber gaben nicht ihre Taufe, sondern die Christi. Wen also Judas etwa taufte, der durfte nicht wiedergetauft werden; denn die Taufe entsprach in ihrer Beschaffenheit nicht der Beschaffenheit des taufenden, sondern der desjenigen, in dessen Gewalt er taufte; der taufende diente dabei nur.“ Die sonach vom Diakon Philippus getauft worden waren, wurden nicht von neuem getauft, sondern empfingen die Händeauflegung durch die Apostel; wie die von den Priestern getauften von den Bischöfen gefirmt werden. II. Nach Augustin (ad Seleucian. op. 265.) „waren die Jünger Christi getauft entweder durch die Taufe des Johannes (wie manche meinen) oder, was glaubwürdiger ist, durch die von Christo selbst gespendete Taufe. Denn Er ermangelte nicht, selbst zu taufen, damit Er getaufte Diener habe, durch welche Er die übrigen taufte; Er, der mit so großer Demut diente, als Er ihnen die Füße wusch“. III. Chrysostomus (hom. 4. in op. imp.) meint, Johannes sei darauf von Christo getauft worden und schließt dies aus der Antwort Christi: sine modo, „laß es einstweilen zu“ auf die Worte des Johannes: „Ich bedarf es, von Dir getauft zu werden.“ Jedenfalls ist es, wie Hieronymus sagt (sup. Matth. 3. sine modo), gewiß, „daß, wie Christus von Johannes im Wasser getauft wurde, so Johannes von Christo im Geiste zu taufen war.“ IV. Jene kannten nicht allein nicht den heiligen Geist; sondern hatten eben die Taufe Christi nicht empfangen. V. Unsere Sakramente sind wirksame Zeichen der gegenwärtigen Gnade; die Sakramente des Alten Bundes waren Zeichen und Figuren der zukünftigen Gnade. Weil also Johannes gerade sagte, er taufe im Namen des kommenden Christus, so ist offenbar, daß er nicht die Taufe Christi gab, die da ist ein Sakrament des Neuen Bundes.
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