Dritter Artikel. Das erste Wunder Christi war das auf der Hochzeit zu Kana.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Im Buche über die Kindheit des Heilandes wird gelesen, daß Er in diesem Alter viele Wunder that. II. Die göttliche Kraft, vermöge deren Er Wunder wirkte, war in Ihm vom Beginne an. III. Nach der Taufe und der Versuchung, die vor der Hochzeit zu Kana waren, fing Christus an, Jünger zu sammeln (Matth. 4.; Joh. 1.). Die Jünger aber folgten Ihm zumal wegen seiner Wunder, wie aus Luk. 5. hervorgeht, wo Er den Petrus berief, der erstaunt war über den reichen Fischfang. Also vor der Hochzeit zu Kana machte Er Wunder. Auf der anderen Seite steht Joh. 2, 2.: „Dies war der Anfang der Wunder, welche Jesus wirkte, nämlich das auf der Hochzeit zu Kana.“
b) Ich antworte; die Wunder Christi dienten zur Bekräftigung seiner Lehre und zur Offenbarung seiner Gottheit. Nicht eher also durfte Er anfangen, Wunder zu wirken als Er anfing zu lehren, nämlich vor dem gesetzten Alter (Kap. 39, Art. 3.). Mit Rücksicht auf die Gottheit aber mußte Er so durch Wunder sich offenbaren, daß damit zugleich die Wahrhaftigkeit seiner menschlichen Natur geglaubt werde; weshalb Chrysostomus (hom. 20. in Matth.) schreibt: „Hätte Er im Kindesalter Wunder gewirkt, so würden sie gemeint haben. Er habe einen Scheinkörper.“
c) I. Deshalb sagt der nämliche zu den Worten des Täufers (Joh. 1.): „Damit Er offenbar werde in Israel“ (hom. 16. in Joan.): „Jene Wunder, die man aus der Kindheit Jesu erzählt, sind Lügen und Täuschungen. Denn hätte Er da bereits Wunder gewirkt; so wäre weder der Täufer über Ihn im Unkenntnis gewesen noch hätte das Volk eines Lehrers bedurft, um Ihn zu offenbaren.“ II. Gottes Kraft wirkte in Christo, soweit dies notwendig war für das Heil der Menschen. III. Dies gehört zum Lobe der Jünger, daß sie Christo gefolgt sind, als dieser noch keine Wunder gewirkt hatte (Greg. 5. in Evgl.). „Dann waren die Wunder notwendig, als die Jünger schon gesammelt waren und achtgaben auf das, was Er that“ (Chrysost. 22. hom. in Joan.). Deshalb heißt es Joh. 2.: „Und es glaubten an Ihn seine Jünger;“ nicht weil sie damals zuerst, sondern weil sie fester und vollkommener glaubten. Oder Er nennt Jünger jene, welche in Zukunft Jünger waren; nach Augustin (2. de cons. Evgl. 17.).
