Erster Artikel. Christus hatte nach der Auferstehung einen wahren Leib.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Ein wahrer Körper kann nicht zugleich am selben Orte mit einem anderen Körper sein. Der auferstandene Leib des Herrn aber trat ein zu den Jüngern durch verschlossene Thüren (Joh. 20.). Also war er kein wahrhaftiger Körper. II. Ein wahrhaftiger Leib verschwindet nicht plötzlich vor dem Anblicke derer, die ihn sehen. Dies geschah aber mit dem auferstandenen Leibe Jesu (Luk. ult). III. Jeder wahrhaftige Körper hat eine bestimmte Figur. Christus aber erschien unter verschiedenen wechselnden Figuren (Matth. ult.). Auf der anderen Seite sagte der Herr (Luk. ult.) zu den Jüngern, die Furcht hatten, denn „sie meinten, eine Erscheinung zu sehen und keinen wahrhaftigen Körper“: „Berühret und sehet; denn ein Geist hat kein Fleisch und Bein, wie ihr sehet, daß ich habe.“
b) Ich antworte; „Jenes stehe wieder auf, was gefallen ist“ (Dam.). Der Körper Christi aber war gefallen vermittelst des Todes. Damit also wahrhaft sei die Wiedererstehung desselben, mußte dieser selbe Leib wieder mit der nämlichen gleichen Seele verbunden werden. Und weil die Wahrhaftigkeit der Natur des Körpers auf der ihm entsprechenden Wesensform beruht, so folgt, daß der Körper Christi nach der Auferstehung ein wahrhaftiger Körper war und der gleichen Natur wie vorher.
c) I. Der Körper Jesu trat nach der Auferstehung auf Grund der ihm verliehenen und ihm als Eigenschaft bleibend innewohnenden Herrlichkeit, nicht auf Grund eines Wunders, bei verschlossenen Thüren zu den Jüngern ein. Inwiefern nun ein so verherrlichter Körper mit anderen Körpern an ein und demselben Orte zugleich sein kann, wird später bei der Auferstehung des Fleisches besprochen werden. Für jetzt genügt, zu wissen, daß jener Körper nicht auf Grund der Natur des Körpers, sondern kraft der mit ihm vereinten Gottheit zu den Jüngern eintrat, obgleich die Thüren geschlossen und er ein wahrhaftiger Körper war. Deshalb sagt Augustin (serm. 159. de Temp.): „Manche meinen; wenn es nun ein wahrer Körper, wenn es der nämliche Körper war, der am Kreuze gehangen hatte.; wie konnte er zu den Jüngern eintreten bei verschlossenen Thüren? Begreifst du, wie dies geschehen ist, dann ist es kein Wunder; wo der Beweisgrund mangelt, da baut sich der Glaube auf.“ Und (tract. 121. in Joan.): „Dem Umfange des Körpers widerstanden, wo die Gottheit waltete, nicht die verschlossenen Thüren; jener konnte, trotzdem sie nicht geöffnet waren, durch sie eintreten, der bei geschlossenem jungfräulichen Mutterschoße geboren werden konnte“ (vgl. Gregor der Große hom. 26. in Evgl.). II. Christus stand auf zum unsterblichen Leben der Herrlichkeit. Da ist aber der Körper geistig; d. h. er folgt durchaus dem Geiste und somit unterliegt da jegliche körperliche Thätigkeit dem Willen. Daß aber etwas gesehen wird, das geschieht dadurch daß das Sichtbare einwirkt auf das Auge. Wer also einen verherrlichten Körper hat, der kann dieses Einwirken statthaben lassen oder nicht; er kann gesehen werden oder nicht gesehen werden, wie er will. Dies aber hatte Christus nicht nur infolge der Verherrlichung seines Körpers, sondern auch durch die Kraft der Gottheit, die durch Wunder bewirken kann, daß auch nicht verherrlichte Körper nicht gesehen werden; wie man dies ja vom heiligen Bartholomäus ebenfalls liest. Christus also wollte nicht mehr gesehen werden von den Jüngern; und das nennt die Schrift: Er verschwand vor ihren Augen. III. Severianus sagt (Petr. Chrysost. serm. 82.), „es solle niemand meinen, Christus habe sein Antlitz verändert seit seiner Auferstehung.“ Das will sagen, die Züge des Antlitzes seien dieselben geblieben, weil nichts Ungeregeltes angenommen werden kann in einem Körper, der vom heiligen Geiste empfangen ist. Jedoch hat dieses Antlitz in der Auferstehung Glanz und Herrlichkeit angenommen, weshalb da hinzugefügt wird: „Das Antlitz ist aber aus einem sterblichen ein unsterbliches geworden; es hat Herrlichkeit angenommen, aber nichts in seiner Substanz verloren.“ Jenen Jüngern aber erschien nicht das Antlitz in seiner Herrlichkeit; sondern wie es in der Gewalt des Herrn war, daß sein Leib gesehen werde oder nicht, so war esin seiner Gewalt, daß bei dessen Anblick in den Augen der schauenden die glorreiche Form sich abbildete oder nicht oder eine mehr oder minder glorreiche. Es genügt ein kleiner Unterschied dazu, daß jemand wie in einer fremden Gestalt erscheine.
