Zweiter Artikel. Der Leib Christi des Auferstandenen war unversehrt.
a) Dem entgegen wird behauptet: I. Zur Unversehrtheit des menschlichen Leibes gehört Fleisch und Blut. Dies aber war nicht im Leibe des Herrn; denn „Fleisch und Blut werden das Reich Gottes nicht besitzen,“ heißt es 1. Kor. 15. II. Hätte Christus Blut gehabt in seinem auferstandenen Körper, so auch die anderen humores aus denen das Vergehen verursacht wird in den Körpern der sinnbegabten Wesen. Der Leib Christi aber war unvergänglich. III. Der Leib Christi, der auferstanden ist, stieg in den Himmel auf. Nun wird aber auf Erden in manchen Kirchen etwas vom Blute Christi aufbewahrt. Also war der auferstandene Leib nicht unversehrt. Auf der anderen Seite sagt der Herr (Luk. ult.) den Jüngern: „Ein Geist hat kein Fleisch und keine Knochen wie ihr sehet daß ich habe.“
b) Ich antworte; der Leib Christi war in der Auferstehung der gleichen Natur wie vorher, aber mit der Herrlichkeit bekleidet. Was also zur Wahrhaftigkeit der menschlichen Natur gehört, das war Alles im auferstandenen Leibe. Offenbar aber gehört zur Wahrhaftigkeit des menschlichen Leibes: das Fleisch, die Knochen, das Blut und Derartiges. Dies Alles also war im Leibe Christi unversehrt; sonst wäre die Auferstehung keine vollkommene gewesen, wenn nicht Alles unvermindert sich gefunden hätte, was Er durch den Tod verloren. Deshalb sagt der Herr (Matth. 10.): „Die Haare eueres Hauptes sind gezählt;“ und Luk. 21.: „Nicht ein Haar von eurem Haupte wird verloren gehen.“ Sagen aber, jener Körper habe kein Blut gehabt und keine Knochen oder dgl., gehört zum Irrtum des Eutychius, Bischofs von Konstantinopel, der da meinte (Gregor. 14. moral. 29.): „Unser Körper wird bei jener Auferstehung dem Tastsinne nicht zugänglich sein, feiner wie die Luft. Der Herr aber hat, nachdem Er Sich von den Jüngern hatte betasten lassen, Alles, was betastet werden konnte, verfeinert, so daß es feiner ward wie die Luft.“ Dies weist Gregor zurück (hom. 26. in EvgI.); denn Christi Leib ward nach der Auferstehung kein anderer, nach Röm. 6.: „Christus, der von den toten auferstand, stirbt nicht mehr.“ Deshalb hat auch jener Bischof seine Ansicht zurückgenommen. Denn wenn es unzulässig ist, daß Christus einen anderen als einen menschlichen Körper bei seiner Empfängnis erhalten hat, nämlich einen himmlischen, wie Valentinus meinte; so ist dies noch weit weniger zulässig, daß Er in der Auferstehung einen anders gearteten Körper angenommen hat; weil jener Körper in der Auferstehung zu einem unsterblichen Leben erweckt worden ist, den Christus in der Empfängnis zu einem sterblichen Leben angenommen hatte.
c) I. Es steht in dieser Stelle „Fleisch und Blut“ entweder für die Schuld von Fleisch und Blut (Gregor. l. c.) oder für die Vergänglichkeit von Fleisch und Blut. Das Fleisch als Substanz wird das Reich Gottes besitzen, aber nicht als vergängliches; weshalb da hinzugefügt wird: „Und die Vergänglichkeit wird nicht besitzen Unvergängliches.“ II. Darauf erwidert Augustin (I. c.): „Nun möchte jemand sagen: wenn Blut in jenem Körper war, dann auch Galle, dann auch Phlegma. Es möge jeder hinzufügen, was er will; nur hüte er sich, das Vergängliche hinzuzufügen, wenn er die Reinheit des Glaubens bewahren will. Es kann nämlich die Macht Gottes von dieser sichtbaren und greifbaren Natur nach Belieben die einen Eigentümlichkeiten fortnehmen, die anderen lassen, so daß Vergänglichkeit fern bleibe, die Gestalt weiter bestehe, Ermüdung fern bleibe, Bewegung weiter bestehe, weiter bestehe die Fähigkeit zu essen, das Bedürfnis aber des Hungers verschwinde.“ III. Alles Blut, das vom Körper Christi ausgeflossen ist und das zur Wahrhaftigkeit der menschlichen Natur gehört, erstand von neuem in Christo; und dasselbe gilt von allen Teilchen, die zur Wahrhaftigkeit und Vollständigkeit der menschlichen Natur gehören. Jenes Blut aber, das in einigen Kirchen aufbewahrt wird, floß nicht aus der Seite Christi; sondern floß kraft eines Wunders aus einem Bilde Christi.
