Dritter Artikel. Der Ritus bei der Beschneidung.
a) Derselbe war kein zukömmlicher. Denn: I. Die Beschneidung war ein gewisses Bekenntnis des Glaubens. Der Glaube ist aber in der auffassenden Kraft, deren Thätigkeiten zumal am Haupte erscheinen. Also hätte das Zeichen der Beschneidung am Haupte sein müssen und nicht am Zeugungsgliede. II. Dem Gebrauche der Sakramente dienen die gewöhnlich vorkommenden Dinge, wie Wasser und Brot. Zum Schneiden aber benützen wir gewöhnlich Messer von Eisen, nicht von Stein. Also hätte nicht mit einem steinernen Messer beschnitten werden müssen. III. Die Beschneidung diente, wie die Taufe, als Heilmittel gegen die Erbsünde. Die Taufe aber wird nicht bis zum achten Tage verschoben, wenn den Kindern irgendwie Gefahr droht, daß sie sonst ohne Taufe sterben. Manchmal auch wird sie über den achten Tag hinaus verschoben. Also durfte nicht für die Beschneidung gerade der achte Tag bestimmt werden; vielmehr mußte man sie früher vornehmen können, wie sie bisweilen auch nachher vorgenommen wurde. Auf der anderen Seite wird zu Rom. 4. (et signum accepit circumc.) die besagte rituelle Ordnung von der Glosse beschrieben.
b) Ich antworte, die Beschneidung sei als Merkzeichen des Glaubens von Gott eingesetzt, dessen Weisheit unendlich ist. Zukömmliche Zeichen aber einzusetzen ist Sache der Weisheit. Also ist die Ordnung der Riten bei der Beschneidung eine zukömmliche.
c) I. Die Beschneidung geschah am Zeugungsgliede: 1. weil sie ein Bekenntnis des Glaubens war, daß aus dem Samen Abrahams der Heiland geboren werden würde; — 2. weil durch das Zeugungsglied die Erbsünde sich fortpflanzte, deren Heilmittel sie war; — 3. weil sie ebenso den Zweck hatte, die fleischliche Begierlichkeit zu mindern, welche in jenem Gliede ganz besonders ihren Sitz hat.II. Ein Messer von Stein war nicht vom göttlichen Gebote bestimmt. Auch bedienten sich eines solchen für gewöhnlich nicht die Juden, sowie sie auch jetzt nicht ein solches gebrauchen. Es wird nur gelesen, daß einzelne mit einem steinernen Mesier die Beschneidung machten wie Sephora (Exod. 4, 25.) oder wie bei Josue gelesen wird (5, 2.). Damit ward die geistige Beschneidung in Christo bezeichnet, denn „Christus war der Fels“ (1. Kor. 10.). III. Der achte Tag ward bestimmt 1. wegen des mit dem achten Tage verbundenen Geheimnisses der Auferstehung, die am achten Welttage stattfinden wird, wann Christus von den auserwählten Hinwegnehmen wird alle Strafen der Erbsünde, den Tod und alle Mühseligkeiten; — 2. weil zuvor das Kind zu zart war. Deshalb wird auch bezüglich der Tiere geboten (Lev. 22.): „Ein Ochse, ein Schaf, eine Ziege, wenn sie geboren sind, sollen sieben Tage an der Brust der Mutter sein und erst am achten oder später sollen sie dargebracht werden können dem Herrn.“ Der achte Tag war geboten, so daß auch am Sabbathe beschnitten werden mußte (Joh. 7, 23.); sonst sündigte man. Wurde jedoch der achte Tag thatsächlich überschritten, so blieb doch das Sakrament als solches bestehen; und konnte trotzdem noch beschnitten werden. Manche meinen, man hätte auch früher die Beschneidung machen können; doch wird dies weder aus der Schrift noch aus dem Gebrauche der Juden bewiesen (Hugo a St. Vict. I. de sacr. p. 12 c. 2.). Deshalb erklärt die Glosse zu den Worten Salomos (Prov. 4.) „Der Erstgeborene war ich vor meiner Mutter“: „Der vorhergeborene Sohn der Bersabee wird nicht gerechnet; denn er starb vor dem achten Tage und erhielt somit keinen Namen, weil er nicht beschnitten wurde.“
