Dritter Artikel. Besprengen mit Weihwasser u. dgl. nimmt fort die läßlichen Sünden.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Die läßlichen Sünden werden nicht ohne Buße nachgelassen. Diese aber allein genügt auch dazu. II. Jedes dieser Dinge wie Weihwasser, bischöflicher Segen, an die Brust schlagen, hat ebensogut Beziehung zu der einen läßlichen Sünde wie zu allen. Nimmt also dies Alles die eine weg, so auch alle anderen. Und so würde durch solche Dinge der Mensch ganz frei von Sünden sein; was unzulässig ist. III. Die läßliche Sünde hat zur Folge die Verschuldung einer Strafe, so daß man nach 1. Kor. 3. „heil wird, aber wie durch Feuer.“ Solche geringe Dinge aber scheinen keine Strafe mit sich zu bringen. Auf der anderen Seite „schlagen wir für läßliche Sünden an die Brust und sagen: Vergieb uns unsere Schulden,“ wie Augustin schreibt (hom. ult. inter 50.). Dasselbe gilt von den andern ähnlichen Dingen.
b) Ich antworte, zum Nachlasse der läßlichen Sünde genüge ein aus der Gnade hervorgehender Akt, kraft dessen jemand ausdrücklich oder in einem anderen Tugendakt die läßliche Sünde verabscheut. Also werden die läßlichen Sünden fortgenommen: 1. Durch das Einflößen der Gnade; denn damit ist immer die Tilgung aller läßlichen Sünden verbunden; und so schwinden die läßlichen Sünden beim würdigen Empfange der Sakramente, welche stets Gnade einflößen. 2. Durch die allgemeine Verabscheuung der Sünden; und so nimmt das allgemeine Sündenbekenntnis, das an die Brust schlagen, das Vaterunser diese läßlichen Sünden fort. 3. Durch den thatsächlichen Ausdruck der Ehrfurcht vor Gott; und so nimmt der bischöfliche Segen, das Weihwasser etc. diese Sünden fort.
c) I. Alle diese Dinge, wie das Beten in einer geweihten Kirche, die heiligen Salbungen, das Weihwasser, nehmen die Sünden fort, weil sie den Geist hinneigen zu einer Thätigkeit der Buße, nämlich zum Abscheu der Sünde. II. Alle diese Dinge wirken mit zum Nachlasse aller läßlichen Sünden. Derselbe kann aber gehindert werden, wenn der Geist im thatsächlichen Denken oder Wollen einer läßlichen Sünde anhängt; wie auch die Wirkung der Taufe gehindert wird durch Verstellung. III. Durch das Besagte werden die läßlichen Sünden entfernt mit Rücksicht auf die Schuld, sowohl kraft einer gewissen Genugthuung wie kraft der heiligen Liebe, deren Akt durch solche Dinge erweckt wird. Nicht aber wird fortgenommen die verschuldete Strafe; sonst würde, wer keine Todsünde hat, auf Grund der Besprengung mit Weihwasser gleich in den Himmel kommen. Die Strafe wird nachgelassen gemäß der thatsächlichen Liebesglut zu Gott hin, welche durch diese Dinge bisweilen mehr bisweilen minder erweckt wird.
