4.
Hätte ich den Eltern einen Rat zu geben, so würde ich ihnen sagen, sie sollten ja recht achthaben, mit welchen Personen ihre Kinder in diesem Alter umgehen; denn da unsere Natur mehr zum Bösen als zum Guten geneigt ist, so kann dieser Umgang großen Schaden bringen. So ist es auch mir widerfahren. Von der großen Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit einer Schwester, die bedeutend älter war als ich, nahm ich nichts an. Dagegen gereichte mir eine Base, die häufig in unserem Hause verkehrte, zu großem Verderben. Diese war so leichtfertig in ihrem Betragen, daß schon meine Mutter, die geahnt zu haben schien, welches Unheil durch sie über mich kommen würde, sich viele Mühe gegeben hatte, ihren Eintritt in unser Haus zu verhindern. Sie fand aber so viele Gelegenheit, immer wieder zu kommen, daß das Bemühen der Mutter fruchtlos blieb. Ich verkehrte sehr gerne mit dieser Base und hatte immer mit ihr zu reden und zu tun, denn sie verhalf mir zu jedem Zeitvertreib, den ich wünschte; ja sie selbst veranlaßte mich dazu und teilte mir ihre eigenen Unterhaltungen und Eitelkeiten mit. Als dieser freundschaftliche und vertraute Verkehr mit jener Person stattfand, war ich, soviel ich glaube, vierzehn Jahre alt oder etwas darüber. Bis dahin hatte ich meines Erachtens durch keine Todsünde Gott verlassen noch die Furcht vor ihm verloren. Mehr jedoch war ich für meine Ehre besorgt, und diese Sorge bewirkte, daß ich sie nicht ganz verlor. Ja, ich hielt so viel auf meine Ehre, daß ich glaube, nichts in der Welt hätte diese Gesinnung in mir ändern können; und so wäre denn auch nie die Liebe zu einer Person in der Welt imstande gewesen, mich zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Hätte ich doch die nämliche Standhaftigkeit bewahrt, um nie gegen Gottes Ehre zu handeln, wie sie mir von Natur aus in der Befolgung dessen eigen war, worin nach meiner Meinung die Ehre vor der Welt bestand! Dabei merkte ich aber nicht, wie ich diese Ehre einfach in anderer Weise verlor. In eitlem Sinne liebte ich sie aufs äußerste; von den Mitteln aber, die zu ihrer Bewahrung notwendig gewesen wären, wendete ich keines an. Nur darauf gab ich sorgsam acht, daß ich mich nie gänzlich ins Verderben stürzte.
