11.
Wenn jedoch, wie bereits angedeutet wurde, die Seele die Lust und Süßigkeit, die sie hier empfindet, auf Gott lenkt und zu ihm ihre Gedanken und Begierden erhebt, so kann ihr der Teufel wenig oder gar nicht schaden. Er wird alsdann mit seiner Täuschung nichts gewinnen, vielmehr wird Gott es fügen, daß gerade das Vergnügen, das er in der Seele anregt, die Ursache großen Verlustes für ihn ist, weil die Seele, in der Meinung, dieser Genuß komme von Gott, aus Verlangen darnach sie oftmals ins Gebet begibt. Ist übrigens die Seele demütig, nicht vorwitzig und auf Wonnegenüsse, wenn auch geistliche, nicht erpicht; sie ist im Gegenteil eine Liebhaberin des Kreuzes, so wird sie das Wonnegefühl, das der Teufel in ihr verursacht, wenig achten. Dies kann sie nicht, wenn der Geist Gottes in ihr wirkt; vielmehr wird sie in diesem Falle das Vergnügen, das sie empfindet, sehr hochschätzen. Der Teufel aber, der lauter Trug ist, wird, wenn er bemerkt, daß die Seele aus dem von ihm angeregten Genuß nur Veranlassung zu ihrer Verdemütigung nimmt, sein Spiel nicht wiederholen; denn er sieht dabei nur seinen Verlust. Darum in sehr darauf zu achten, daß man bei wonnevollen Genüssen, wie bei allen außerordentlichen Vorkommnissen im Gebete überhaupt, die Demut zu bewahren trachte. Aus diesem sowie auch aus vielen anderen Gründen habe ich bei Erklärung der ersten Gebetsstufe oder der ersten Weise, den Garten zu bewässern, darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es ist, daß die Seelen, die das Gebet zu üben beginnen, zugleich anfangen, sich (des Verlangens nach) jeder Art von wonnigen Genüssen zu entschlagen, und den Weg antreten mit dem Entschlusse, nichts anderes zu suchen, als Christus das Kreuz tragen zu helfen. So sollen sie es edlen Rittern nachtmachen, die ihrem Könige dienen, ohne einen Sold zu begehren, da dieser ihnen ohnehin gesichert ist. Darum in die Höhe den Blick zu dem wahren und ewigen Königreiche, das wir zu erringen streben!
