10. Brief — An Doña Agnes Nieto
Unbekannten Datums
Begegnung mit Philipp II.
…Bedenken Sie, Doña Agnes, was dieses arme Weiblein fühlen mußte, als es einen so großen König vor sich sah! Ganz verwirrt begann ich mit ihm zu reden, weil sein durchdringender Blick, einer von denen, die bis zur Seele dringen, fest auf mich gerichtet war. Er schien mich zu durchbohren, so daß ich die Augen senkte und in aller Kürze ihm meine Wünsche vortrug. Als ich ihn in die Angelegenheit eingeweiht hatte, blickte ich ihm wieder ins Antlitz, das wie verändert war. Sein Blick war sanfter und ruhiger. Er fragte mich, ob ich noch mehr wünsche. Ich antwortete ihm, daß das Erbetene schon viel sei. Dann sagte er zu mir: »Gehen Sie ruhig heim! Alle Ihre Wünsche werden erfüllt werden.« Beim Anhören dieser Worte war ich sehr getröstet. Ich kniete mich nieder, um ihm für seine große Gnade zu danken. Er hieß mich aufstehen, und nachdem er dieser armen Nonne, seiner unwürdigen Dienerin, eine so freundliche Verbeugung machte, wie ich sie nie gesehen, reichte er mir wieder die Hand, die ich küßte. Ich ging von dort voll Jubel hinweg und dankte der göttlichen Majestät in meinem Herzen für all das Gute, das der König mir zu gewähren versprach. Beim Betreten des anderen Zimmers, in dem der Herr Herzog sich befand, näherte sich mir Ihr guter Gemahl, dem ich so viel schulde, und sagte, daß der König, unser Herr, ihm befohlen habe, alle meine Bitten aufzuschreiben, damit sie bald erledigt würden, wie es mein Wunsch war. Und so geschah es auch; ich sprach, und Herr Albornoz schrieb. Nachdem dies geschehen war, kehrte ich zurück in dieses Haus des glorreichen heiligen Joseph in Ávila, wo ich hoffe, die Angelegenheit erledigt zu sehen, die so gute Sachwalter hat. Ich wünsche aufrichtig, Sie möchten gesund bleiben, und Gott schenke Ihnen seine Herrlichkeit für alles, was Sie für mich tun! Darum bitte ich ihn in meinen armseligen Gebeten.
Ihre unwürdige Dienerin
Theresia von Jesu
