5.
Aber ihr werdet da sagen: Diese Gebetsweise heißt ja betrachten, während wir nur mündlich beten können und wollen. Leider gibt es Personen, die gar wenig Geduld haben und nicht gern eine Mühe auf sich nehmen. Ungewohnt, ihre Gedanken beim Beginn des Gebetes zu sammeln, und um der geringsten Anstrengung auszuweichen, geben sie vor, sie könnten und verstünden weiter nichts, als mündlich zu beten. Freilich ist das, was ich empfohlen, wirklich schon innerliches Gebet; darin habt ihr recht. Aber ich sage euch in Wahrheit, daß ich nicht weiß, wie man mündlich beten könne, ohne zugleich auch innerlich zu beten; denn wenn man das mündliche Gebet gut verrichten will, muß man auch daran denken, mit wem man redet. Zudem sind wir ja ohnehin verpflichtet, uns zu bemühen, daß wir mit Aufmerksamkeit beten, und gebe Gott, daß wir das Vaterunser wenigstens durch Beobachtung des hier angegebenen Verhaltens gut beten und uns nicht in etwas Ungehöriges verlieren! Hierin habe ich selbst manche Erfahrung gemacht, und immer noch finde ich es als das beste Mittel, daß ich meinen Geist auf den gerichtet halte, an den ich mich mit meinen Worten wende. Habet daher Geduld und wendet allen Eifer an, euch an eine so notwendige Übung zu gewöhnen!
Fünfundzwanzigstes Hauptstück
Welch großer Gewinn der Seele erwächst, wenn man das mündliche Gebet mit Vollkommenheit verrichtet. Bisweilen erhebt Gott die Seele aus diesem Gebet zu übernatürlichen Dingen.
